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60 Jahre Freiwilliges Soziales Jahr: Mini-Song „Mein FSJ“
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Frauenherzen im Fokus
Dr. Viyan Sido erläutert in der aktuellen Folge von „Natürlich gesund“ auf Radio Paradiso die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Herzmedizin.
Julia Nogli
Schön, dass Sie dabei sind. Hier ist natürlich gesund auf Radio Paradiso. Mein Name ist Julia Nogli und unser Thema heißt heute Frauenherzen im Fokus.
Darum tickt das Herz von Frauen anders. Expertin am Telefon ist Dr. Viyan Sido, Fachärztin für Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Sie leiten dort seit 2022 eine spezielle Sprechstunde für Frauen.
Und Sie sind jetzt eigentlich auch in Hamburg zugange, oder? Schönen guten Abend erst mal.
Dr. Viyan Sido
Hallo, guten Abend. Vielen Dank, dass ich dabei sein darf. Ja, genau.
Also ich befinde mich gerade in der Weiterbildung zur Allgemeinmedizinerin. Und ja, also man kann sagen, ich verfolge dabei den Ansatz Health Care statt Sick Care zu praktizieren, also Gesundheit zu fördern, anstatt nur Krankheiten zu behandeln.
Julia Nogli
Das ist eigentlich auch ein interessanter Move, wie man so sagt. Herzchirurgin und jetzt Allgemeinmedizin?
Dr. Viyan Sido
Ja, ich glaube, man lernt einfach nie aus, oder? Und gerade in der Medizin ist es ein lebenslanges Lernen.
Julia Nogli
Ja, das stimmt. Okay. Wir wollen halt fangen an mit den mit den Frauen, die eben unterschiedlich ticken, also ihre Herzen oder anders schlagen.
Bevor wir gleich noch genauer hören, warum es zum Beispiel andere Symptome beim Herzinfarkt gibt, würde ich gerne erst mal hören. Was ist eigentlich ein Herzinfarkt? Was passiert da eigentlich und warum ist er so gefährlich?
Dr. Viyan Sido
Also wir wissen, bei einem Herzinfarkt wird ein Teil des Herzmuskels eben nicht mehr ausreichend durchblutet und das betroffene Areal oder der betroffene Herzmuskel kann dann absterben, weil er eben nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Und das kann eben auch ganz fatale Folgen haben und lebensbedrohlich sein. Also von dauerhaften Herzschäden bis hin zu Herzrhythmusstörungen oder sogar plötzlichem Herztod.
Julia Nogli
Kann es sein, dass man manchmal auch einen Herzinfarkt hat und erst später sozusagen daran stirbt? Also das ist nicht der Moment oder das geht voraus oder?
Dr. Viyan Sido
Genau. Also es gibt zum Beispiel den stillen Herzinfarkt. Das heißt, man bekommt das gar nicht mit.
Man wundert sich, warum es einem schlecht geht, der Allgemeinzustand schlecht ist, warum man zunehmend müde ist. Und gerade bei Frauen kann das eben der Fall sein oder auch bei Patienten mit Diabetes sehen wir den stillen Infarkt. Und ja, es ist nicht immer so, dass man gleich am plötzlichen Herztod verstirbt, sondern dass das Ganze dann eben noch einen langen Prozess mit sich bringt.
Man operiert werden muss oder eben einen Stand bekommt. Also das ist sehr individuell.
Julia Nogli
Oder schlimmstenfalls gar nicht erkannt wird, dass das passiert ist. Und die Symptome sind tatsächlich bei Frauen anders als bei Männern?
Dr. Viyan Sido
Genau, wir wissen, dass die Symptome bei Frauen atypisch sein können. Also wir kennen ja die klassischen Brustschmerzen, die wir von den Männern kennen, die Atemnot. Aber es kann eben bei Frauen sein, dass sie Übelkeit haben, Oberbauchschmerzen, Rückenschmerzen, Erschöpfung, Schlafstörungen.
Und wenn wir ehrlich sind, dann denken wir gerade bei diesen Symptomen oder gerade junge Ärzte denken nicht immer an einen Herzinfarkt.
Julia Nogli
Die Patientin aber wahrscheinlich auch nicht und geht deswegen nicht gleich zum Arzt.
Dr. Viyan Sido
Genau, das ist auch ein sehr großes Problem, dass weder die Mediziner, aber auch gerade die Betroffenen selbst diese Symptome gar nicht erkennen. Und das kann dazu führen, dass Frauen im Schnitt später ins Krankenhaus kommen oder später Hilfe bekommen. Und deshalb haben sie auch ein höheres Risiko für Komplikationen oder Todesfälle.
Mhm.
Julia Nogli
Worauf sollten denn Frauen besonders achten in puncto Herz-Kreislauf-Gesundheit?
Dr. Viyan Sido
Man sollte sich zum einen bewusst machen, dass eben Herz-Kreislauf-Erkrankungen keine Männersache sind. Also das dachten wir leider immer, sondern man sollte sich klar vor Augen führen. Ja, das kommt auch bei Frauen vor und es ist sogar die häufigste Todesursache bei Frauen.
Und in diesem Zusammenhang würde ich sagen, ist auch die Prävention sehr wichtig und essentiell. Also man sollte sich klarmachen, regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, Stressbewältigung, der Umgang mit Risikofaktoren wie zum Beispiel Rauchen, Bluthochdruck, Übergewicht oder Diabetes. All das spielt eben gerade bei Frauen eine Rolle.
Und wenn wir da an den Stress denken, dann ist es auch häufig so, dass Frauen häufig viel empfindlicher auf Stress reagieren. Und das wiederum kann sich auf das Herz-Kreislauf-System auswirken.
Julia Nogli
Hintergrund ist ja, so kann man immer wieder lesen, zum einen ein anderer Stoffwechsel und die Hormone, die Schwankungen, die da im Leben einer Frau passieren.
Dr. Viyan Sido
Genau. Also ein großes Thema ist natürlich der Einfluss von Hormonen. Wir haben ja ganz andere Lebensabschnitte und die gehen eben mit körperlichen Veränderungen einher, zum Beispiel in der Schwangerschaft, später auch in den Wechseljahren.
Und das verändert eben auch das Risiko und den Verlauf vieler Erkrankungen. Und das ist vielen eben nicht bewusst. Also es ist zumindest so, dass gerade in der Menopause wir nicht mehr durch Hormone geschützt sind.
Frauen kriegen viel später einen oder erleiden viel später Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Männer, weil sie in den frühen Jahren durch die Östrogene geschützt sind, die aber in der Menopause eher abnehmen. Und dann sind unsere Gefäße beispielsweise eben nicht mehr so geschützt.
Julia Nogli
Und zum Beispiel Bluthochdruck kommt auch plötzlich, auch bei jemand, der vorher immer eigentlich Niedrigen hatte und rechnet dann nicht damit.
Dr. Viyan Sido
Ja, genau. Also das ist das Typische bei der Frau. In den Wechseljahren plötzlich hat sie Bluthochdruck, was sich zum Beispiel dann als Zufallsbefund äußert.
Und ja, ein Grund ist eben die Abnahme oder die, ja genau, die Abnahme der Hormone.
Julia Nogli
In welchen Bereichen gibt es denn noch Unterschiede, die mehr berücksichtigt werden müssten zwischen Männern und Frauen in puncto Medizin?
Dr. Viyan Sido
Also zum einen verarbeiten Frauen Erkrankungen häufig anders, wenn es zum Beispiel um emotionale Belastungen geht, depressive Symptome, psychosoziale Faktoren, dann spielen diese oft eine größere Rolle und beeinflussen eben auch die weibliche Genesung anders. Und gerade wenn wir, wenn es um Nebenwirkungen von Medikamenten geht, dann gibt es natürlich auch große Unterschiede, eben weil der Stoffwechsel ja unterschiedlich ist zwischen Männern und Frauen. Und da gibt es ein ganz klassisches Beispiel, ein häufig verschriebenes Schlafmittel.
Das Zolpidem, das wird im weiblichen Körper langsamer abgebaut. Das wissen wir. Und das bedeutet eben auch, dass Frauen morgens zum Beispiel nach der Einnahme noch eine viel höhere Konzentration im Blut haben können als Männer.
Also das muss man sich mal vorstellen. Und dabei bekommen Männer und Frauen meistens dieselbe Dosierung. Und ja, man konnte gerade in den USA eben auch beobachten, dass am Folgetag viel mehr Unfälle passiert sind.
Man hat nachgewiesen, dass die Frauen eben dieses Medikament auch noch im Blut hatten. Im Vergleich zu den Männern, die das auch eingenommen haben. Aber die Männer, die haben es einfach viel schneller abgebaut, weil der Stoffwechsel anders ist und weil es eben diese relevanten Unterschiede gibt.
Zum Beispiel haben Frauen einen viel höheren Körperfettanteil, während die Männer viel mehr Muskel haben als wir.
Julia Nogli
Naja, das gilt ja dann wirklich für ganz vieles, für ganz viele Medikamente auch. Wie kam das denn dazu oder kommt es immer noch, dass die Medizin eher an Männern so orientiert ist?
Dr. Viyan Sido
Ja, das ist eine gute Frage. Also ich würde sagen, ja, das hat historische Gründe. Also in der medizinischen Forschung wurden Frauen eben über viele Jahrzehnte kaum berücksichtigt.
Leider aus Sorge eben. Ja, Frauen haben hormonelle Schwankungen. Sie können schwanger werden oder weil Studien eben einheitlicher sein sollten.
Und letztlich hat das eben in den ganzen Jahren dazu geführt, dass wir viele Diagnose und Therapie Leitlinien haben, die auf Daten basieren, die überwiegend mit männlichen Probanden erhoben wurden. Und ja, die Frauen galten eben deshalb immer als Abweichung von der Norm. Und ja, man muss auch sagen, glücklicherweise hat sich das jetzt in den letzten Jahren geändert.
Und man hat gesehen, Männer und Frauen bringen unterschiedliche Voraussetzungen mit, biologisch, hormonell. Ja, und deshalb schaut man jetzt eben auch viel genauer hin.
Julia Nogli
Genau, das kommt so langsam. Ist es eigentlich ein Teil auch des Studiums Medizin, also diese genderspezifische Medizin? Also das ist aktuell noch im Aufbau.
Dr. Viyan Sido
Das heißt, es gibt einige Universitäten, die haben weibliche Fächer Geschlechter, sensible Medizin. Ich unterrichte das Fach selbst an der Asketius Medical School in Hamburg und ich muss sagen, die Nachfrage ist ziemlich groß. Also man sieht auf Seiten der Studentinnen und Studenten.
Das Interesse ist da. Ich hatte ja zum Beispiel diese klassische Ausbildung. Das heißt, der Mann war die Norm.
Und wir haben das gar nicht so explizit gelernt mit der geschlechterspezifischen Medizin. Aber das soll in den nächsten Jahren auf jeden Fall flächendeckend eingeführt werden in Deutschland.
Julia Nogli
Und das ist auch gut so. Denn eines ist ja andererseits auch wieder so. Frauen gehen eigentlich eher zum Arzt, zur Ärztin und auch zu den Vorsorgeuntersuchungen.
Da sind sie ja meistens den Männern irgendwie voran. Da könnten wiederum die Männer was von den Frauen lernen. Und trotzdem sind sie sind sie nicht so richtig im Fokus, die Frauen oder wie?
Dr. Viyan Sido
Ja, das fällt auf. Also Frauen sind insgesamt, kann man sagen, gesundheitsbewusster und nutzen Vorsorgeangebote auch häufiger als Männer. Gerade wenn man sich die Check-Ups im ambulanten Bereich ansieht.
Und letztlich nehmen sie ihre körperlichen Veränderungen ja auch viel sensibler wahr. Aber Vorsorge heißt eben nicht nur, seinen Termin regelmäßig beim Arzt wahrzunehmen, sondern auch ein bisschen auf das eigene Körpergefühl zu hören, sich und die Symptome ernst zu nehmen und bei Unsicherheiten lieber einmal viel nachzufragen.
Julia Nogli
Sie leiten ja seit 2022 eine Frauensprechstunde dort im Immanuel Klinikum Bernau. Dort findet das statt einmal im Monat. Wer kommt denn dahin?
Dr. Viyan Sido
Ja, genau die Frauensprechstunde, die gibt es ja jetzt schon seit 2022 und zu uns kommen Frauen in ganz unterschiedlichen Lebensphasen. Also Frauen mit familiärer Vorbelastung, mit positiver Familienanamnese, über Patientinnen in den Wechseljahren, die plötzlich Angst haben, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken oder einfach ihr Risikoprofil besprechen wollen, bis hin zu älteren Frauen mit chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Häufig sind es aber auch Patientinnen und Patienten, die bei uns operiert worden sind in der Klinik und die wir nach einer gewissen Zeit wiedersehen.
Ja, und viele kommen, weil sie sich eben eine Beratung wünschen, die letztlich auch auf die Patientinnen so ein bisschen auch zugeschnitten ist. Also man bespricht natürlich das individuelle Risikoprofil, stellt Medikamente individuell ein und spricht auch über Prävention, klärt auf.
Julia Nogli
Und diese Arbeit dort, das bestätigt Sie wahrscheinlich in dem, was Sie nun schon durch die Wissenschaft wissen, dass es da Unterschiede gibt, die gewürdigt werden müssen.
Dr. Viyan Sido
Genau, also das sehen wir schon tagtäglich. Es fängt, wie gesagt, mit der Medikamentendosierung an. Die ist total unterschiedlich.
Wenn wir über Ängste und Sorgen der Patienten sprechen nach so einer OP oder auch präoperativ, dann fällt auf, es unterscheidet sich auch zwischen Frauen und Männern. Und auch die Tatsache, dass sich die Geschlechter ja auch unterschiedlich erholen nach so einem operativen Eingriff.
Julia Nogli
Ja, da sind Sie ja nun ganz umtriebig. Jetzt müssen Sie auch auf sich achten, dass Sie nicht zu viel machen an verschiedenen Orten. Aber es ist ein bisschen so Ihr Herzensthema, ja?
Dr. Viyan Sido
Genau, also ich habe vor allem in den letzten Jahren gemerkt, dass das meine Leidenschaft ist, die geschlechterspezifische Medizin und auch Prävention. Ich würde sagen, mir ist einfach bewusst geworden, wie entscheidend es ist, gerade diese biologischen und soziokulturellen Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu berücksichtigen. Und ich habe auch erkannt, wie wichtig präventive Maßnahmen letztlich sind, um Krankheiten zu verhindern.
Ich sehe es jeden Tag in der Praxis. Durch Impfungen, durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und auch durch Förderung eines gesunden Lebensstils kann ich dazu beitragen, meine Gesundheit und auch die meiner Patientinnen und Patienten langfristig zu erhalten. Und darum geht es doch.
Und ich würde sagen, dass genau diese Erkenntnisse mich täglich motivieren, mich für die Medizin einzusetzen, die nicht nur Krankheiten behandelt, sondern auch die Gesundheit fördert und die individuellen Bedürfnisse jedes Menschen berücksichtigt.
Julia Nogli
Also Healthcare statt Sickcare, sagt die Herzchirurgin und bald Allgemeinmedizinerin Dr. Viyan Sido. Am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg leitet sie seit drei Jahren eine spezielle Frauensprechstunde, die auch gut angenommen wird. Soweit natürlich gesund für heute.
Wenn Sie mehr Infos möchten, schauen Sie hier auf www.paradiso.de in der Mediathek unter natürlich gesund. Einen wundervollen Abend für Sie mit Radio Paradiso.
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Der Wohlfühlfaktor im Krankenhaus
Stephani Andrich, Leitende Serviceassistentin am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über den Wohlfühlfaktor im Krankenhaus.
Julia Nogli: Radio Paradiso mit dem Magazin Natürlich gesund am Dienstagabend. Mein Name ist Julia Nogli und mein Gast im Studio ist Stefanie Andrich, leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Mit ihr spreche ich über die wachsende Bedeutung von Service im Krankenhaus.
Hier ist sogar die neue Berufsgruppe der Serviceassistentin entstanden. Stephani Andrich, Sie sprechen vom Wohlfühlfaktor Service im Krankenhaus. Was meinen Sie damit?
Stephani Andrich: Der Wohlfühlfaktor im Krankenhaus ist eigentlich dem im Hotel sehr, sehr ähnlich. Es gibt auch sehr viele Parallelen, auch wenn ich zu meiner Anfangszeit vor circa drei Jahren oft den Satz gehört habe Frau Andrich, wir sind hier nicht im Hotel, wir sind hier im Krankenhaus. Da ich von der Pike auf aus der Hotellerie komme und auch in der Fünfsterne Hotellerie sehr, sehr lange zu Hause und auch gerne zu Hause war, sieht man natürlich verschiedene Parallelen.
Wir haben Check-ins, wir haben Check-outs. Ich habe Gäste, jetzt Patienten, die speisen und trinken möchten, die aber auch ein Stück entertaint werden möchten. Und da liegt für mich das Detail im Grunde für den Wohlfühlfaktor, wie wir den kreieren können für die Patienten.
Das heißt, es geht ja nicht nur darum, auch vorzugsweise zwar, aber nicht nur darum, Speisen und Getränke zu servieren mit meinem Team von immerhin 23 sehr, sehr netten Damen, sondern es geht vor allem auch darum, hier und da etwas Licht in den grauen Alltag zu bringen. Und das machen wir, das machen wir sehr gerne als Serviceassistenten in diesem Haus und performen den Service. Wir versuchen es jeden Tag zumindest.
Julia Nogli: Das hat es ja vor zehn Jahren, denke ich mal, so noch nicht gegeben. Wie war das vorher? Was ist denn da jetzt so anders?
Stephani Andrich: Vorher war es im Grunde so, dass die Pflegenden unsere Aufgaben mit übernommen haben. Das heißt, wie auch hier das Servieren von Speisen und Getränken, die Aufnahme der Speisewünsche, wie wenn die auch heute etwas anders aussieht als noch vor zehn Jahren. Vor zehn Jahren beispielsweise war der Menüplan bestehend aus zwei bis drei Menüs gängig.
Heute bei uns im Haus und da sind wir sehr stolz drauf, arbeiten wir mit einer wirklich individuellen Speisekarte. Das heißt, der Patient hat tatsächlich so ein bisschen Restaurantgefühl. Er hat eine Speisekarte bestehend aus 400 Komponenten, aus der er jeden Tag individuell seine Speisen zusammenstellen kann.
Sie können also jeden Tag, je nach Kostform, die ärztlich angeordnet wird, selbstverständlich entscheiden. Möchten Sie das panierte Schnitzel gern mit Pflaumensauce essen oder dann doch lieber mit Rahmchampignons und haben da auch wirklich sehr viele gut ausgewogene Möglichkeiten auszuwählen.
Julia Nogli: Stefanie Andrich, leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau zur modernen Bedeutung von Service im Krankenhaus. Dazu gleich mehr auch zum neuen Berufsbild der Serviceassistentin hier bei 98.2 Radio Paradiso.
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Aorten-Aneurysma: Schonende Operationen für Risikopatienten
Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg und Dr. Michael Erb, Leitender Oberarzt der Gefäßchirurgie erläutern im Interview auf Radio Paradiso, wie sich ein Aneurysma bemerkbar macht und wie es therapiert wird.
Julia Nogli
Willkommen im neuen Jahr zu Natürlich gesund hier auf Radio Paradiso. Mein Name ist Julia Nogli und das Thema heißt heute Aortenaneurysma. Schonende OP für Risikopatienten.
Die Experten hier im Studio sind Professor Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg und Dr. Michael Erb, Leitender Oberarzt der Gefäßchirurgie dort. Ich grüße Sie.
Dr. Michael Erb
Schönen guten Abend.
Julia Nogli
Was genau ist ein Aortenaneurysma oder vielleicht sogar allgemein erst mal ein Aneurysma? Wie entsteht so was?
Prof. Dr. Johannes Albes
Also ein Aneurysma ist eine Aussackung eines Blutgefäßes. Und beim Aortenaneurysma ist es eben die Aussackung der Hauptschlagader. Gibt verschiedene Gründe dafür.
Verschiedene Ausprägungen. Das Problem bei einer Aussackung ist, dass eine solche platzen kann. Und das ist die große Gefahr, die diese Patienten haben.
Julia Nogli
Die Aorta, sagen Sie nochmal, wo verläuft die lang?
Prof. Dr. Johannes Albes
Die Aorta ist ja die Autobahn des Körpers. Sie versorgt den gesamten Körper mit Blut, also mit Energie. Alle Organe, jedes Gewebe, das, was das Herz auswirft in den Körper, wird über die Hauptschlagader in den Körper geleitet.
Und aus der Hauptschlagader gehen die entsprechenden Blutgefäße dann zu den einzelnen Organen ab. Also man kann sie auch als Körperautobahn bezeichnen.
Julia Nogli
Jetzt habe ich gerade von Ihrem Kollegen gehört, die wird jetzt sogar auch als Organ bezeichnet.
Prof. Dr. Johannes Albes
So ist es. Bisher hat man sie mal in der Gefäßchirurgie verortet, mal in der Herzchirurgie verortet, je nachdem, an welcher Lokalisation man an ihr arbeiten musste. Und es ist aber tatsächlich so, dass sie die Gesamtheit des Körpers zu versorgen hat und somit auch gesamtheitlich gesehen werden kann.
Und da macht es Sinn, ihr jetzt den Status eines eigenständigen Organes zuzubilligen, um eben halt zu zeigen, dass man mit gemeinschaftlicher Arbeit, Herz- und Gefäßchirurgische Arbeit an der gesamten Aorta arbeiten kann.
Julia Nogli
Herr Dr. Erb, vielleicht an Sie mal die Frage, wie macht sich dann so etwas bemerkbar, wenn überhaupt, ein Aneurysma für den Patienten?
Dr. Michael Erb
Ja, das ist eines der Probleme an den Aortenaneurysmen, dass sie sich zunächst gar nicht bemerkbar machen, nur im Notfall vor allem. Und manchmal, wenn die Schwellung oder die Auftreibung der Aorta zu einem Druck auf Nachbarorgane führt, dann merkt man auch, dass etwas nicht stimmt. Aber an sich macht die Aussagung zunächst keine Beschwerden.
Es gibt aber eben auch, je nachdem, wo es ist, kann diese Aussagung, wenn sie direkt am Herzen liegt, die eine Herzklappe, die Aortenklappe, ein bisschen auseinanderziehen, die dann undicht wird und dann würde man eben eine Atemnot kriegen. Aber in der Regel sind diese Aneurysmen relativ beschwerdearm oder führen gar nicht zu Beschwerden.
Julia Nogli
Und das ist ja dann irgendwie auch die Gefahr. Herr Professor Albes, wenn es dann aber doch ein Verdacht darauf gibt, wie wird dann diagnostiziert? Wie wird das gefunden?
Prof. Dr. Johannes Albes
Am besten findet man es tatsächlich mit einer Computertomographie-Untersuchung. In normalen Röntgenbildern kann man es erahnen, aber nicht genau festlegen. Ultraschalluntersuchung kann helfen, wenn es herznah, wenn die Aussagung herznah ist, also direkt oberhalb des Herzens beginnt, aber ist auch nicht hundertprozentig außergekräftig.
Die Computertomographie, insbesondere wenn sie mit Kontrastmittel gefahren wird, ist unsere Schlüsseltechnik, um die Diagnose zu sichern. Nicht nur, dass es vorhanden ist, sondern auch genau die Ausprägung, die Größe, die Länge, die Beeinträchtigung der umgebenden Organe und auch, welche Abgänge betroffen sind.
Julia Nogli
Und Herr Dr. Erb, gibt es auch eine konventionelle Therapie oder muss dann immer ein Eingriff passieren?
Dr. Michael Erb
Das ist abhängig von der Größe. Die konventionelle Therapie ist auf jeden Fall medikamentös. Man weiß nicht ganz viel darüber, man weiß aber zum Beispiel, dass Lipidsenker, also Medikamente, die die Blutfette senken oder im Allgemeinen niedrige Blutfette da günstig sind und insbesondere eine konsequente Einstellung eines erhöhten Blutdrucks hemmt das Wachstum eines solchen Aneurysmas.
Und es gibt Schwellenwerte in der Größe des Durchmessers der Hauptschlagader, wo eine Therapieempfehlung resultiert. Und solange man unter diesen Schwellenwerten ist, kontrolliert man diese Aneurysme in regelmäßigen Abständen und probiert medikamentös optimal dagegen zu arbeiten. Wir haben auch eine Sprechstunde bei uns in Bernau, wo wir sehr viele Patienten haben, die wir über Jahre verfolgen und schauen, wie groß die Aneurysmen sind.
Und sehr, sehr viele sind auch in der konservativen Therapie.
Julia Nogli
Das ist eine gute Nachricht. Und Sie haben eben auch sehr, sehr viel Erfahrung mit diesem ganzen Gebiet in der Abteilung. Wenn es aber zu einem Eingriff kommt, ich spreche jetzt aber noch nicht von den Risikopatienten, sondern allgemein.
Was wird da gemacht? Auch vielleicht Sie nochmal, Herr Dr. Erb.
Dr. Michael Erb
Das kommt unbedingt darauf an, wo es lokalisiert ist und wie alt und wie gesund der Patient an sich ist. Also prinzipiell ist die offene Operation eigentlich fast immer möglich. Und wenn sie gut gemacht wurde und gut überstanden wurde, auch eine langfristige Lösung für die Patienten.
Bislang ist es so, dass der aufsteigende Teil der Hauptschlagader, also der, der direkt am Herzen dran ist, immer offen operiert werden muss, wenn es denn soweit ist. Und der Rest der Hauptschlagader bis runter in die Beine auch sehr gut mittels schonenden Verfahren behandelt werden kann.
Julia Nogli
Und wie muss ich mir das vorstellen? Das wird weggeschnitten oder zugemacht?
Dr. Michael Erb
Bei der offenen Operation wird es tatsächlich freigelegt. Dann wird die Schlagader an vermeintlich gesunden Stellen oder halt gesünderen Stellen geklemmt, wo der Durchmesser noch normal ist. Und dann wird eine sogenannte Gefäßprothese hineingenäht.
Julia Nogli
Ah ja, und das hält dann hoffentlich für immer?
Dr. Michael Erb
Das hält. Und je nachdem, ob da Abgänge mit dabei sind, müssen diese halt auch angeschlossen werden, weil größere Abgänge natürlich auch lebenswichtige Organe mit Sauerstoff versorgen.
Julia Nogli
Herr Prof. Albers, wir wollen jetzt aber noch mal speziell über Risikopatienten sprechen und eine dann besonders schonende Methode. Was sind denn Risikopatienten?
Prof. Dr. Johannes Albes
Das sind tatsächlich vor allem ältere Patienten mit jedem Lebensjahr steigt in gewisser Weise das Lebensrisiko. Und das Erorten an Aneurysma, da gibt es ja zwei große Gruppen von Patienten. Das sind die Gruppe der Patienten, die schon älter sind, die das Aneurysma entwickeln auf dem Boden eines zum Beispiel langjährigen Bluthochdrucks.
Das sind aber auch junge Patienten, die eine angeborene Störung der Festigkeit der Gefäßwände haben, die dann zur frühzeitigen Aneurysmawildung führt. Das sind auch Risikopatienten, weil sie eben insgesamt krank sind. Aber der Risikopatient ist halt schon älter, zum Beispiel 70, 75, 80, hatte Nebenerkrankungen, zum Beispiel eine schlechte Nierenfunktion, eine eingeschränkte Herzfunktion, hat vielleicht auch schon mal einen Schlaganfall gehabt.
Also das sind typische Risikopatienten.
Julia Nogli
Und nun gibt es dort eine noch mal andere, schonendere Methode, dann zu operieren?
Prof. Dr. Johannes Albes
Also wir haben ja früher, früher vor 20 Jahren, haben wir das Aneurysma, das operationspflichtige Aneurysma mit einer großen Operation behandeln müssen. Herr Epp hat es ja schon gesagt. Also da musste dann das Aneurysma weggeschnitten werden und ein Rohr eingepflanzt werden, um das weggeschnittene Stück zu überbrücken.
Das ist ein sehr bewährtes Verfahren. Aber es ist natürlich auch eine enorme operative Belastung für den Patienten, insbesondere wenn es da um große Abschnitte geht. Und es ist dann auch eine besondere Belastung für den Patienten, wenn wir es zum Beispiel herznah machen müssen und dafür dann die Herz-Lungen-Maschine benötigen.
Und es ist eine noch viel größere Belastung, wenn wir den Bogen der Hauptschlagader, also den Übergang vom Aufsteigenden zum Absteigenden Teil, da, wo auch die Gehirnarterien abgehen, ersetzen müssen. Dann reicht nicht mehr nur die Herz-Lungen-Maschine. Dann muss auch eine tiefe Hypothermie, also eine Absenkung der Temperatur erreicht werden, um dann gefahrlos für eine gewisse Zeit die Herz-Lungen-Maschine abstellen zu können, den sogenannten Kreislaufstillstand zu etablieren.
Kann man alles machen, kann man technisch, taktisch erfolgreich durchführen. Aber es ist für den Patienten eine enorme Belastung und führt natürlich zu einem stark erhöhten Risiko, diesen umfangreichen Eingriff nicht zu überstehen. Und dafür hat sich in den letzten Jahren, ausgehend von den Erfahrungen von inneren Schienungen der Gefäßwand in den peripheren Blutgefäßen oder zum Beispiel auch die innere Schienung der Herzkranzgefäße, das, was die Katalogen vornehmen, ausgehend aus diesen Erfahrungen hat man angefangen, diese inneren Schienungen immer größer zu machen, um dann statt eines Herausschneidens mit Ersatz der Hauptschlagader eine innere Schienung vorzunehmen, die dazu führt, dass das ausgesagte Element dadurch aus dem Blutstrom herausgenommen wird, dass Blut dann nur noch durch die innere Schienung fließt und außen kein Druck mehr entsteht.
Julia Nogli
Das ist schon immer faszinierend zu hören. Woraus besteht denn so eine Schiene, so ein Material?
Prof. Dr. Johannes Albes
Das ist natürlich mittlerweile ein ziemlich komplexer Materialverbund. Aber vereinfacht ist es ein Drahtgeflecht, was mit einem künstlichen Gewebe ummantelt ist, im weitesten Sinne Nylongewebe, gewebtes Nylongewebe.
Julia Nogli
Okay. Und auch hier nochmal, das soll dann möglichst für immer halten?
Prof. Dr. Johannes Albes
Ja, das Gewebe selber und das Drahtgeflecht hält auch für immer, wenn es nicht gerade zu großen Belastungen unterworfen ist. Aber im Prinzip hält es immer. Aber das Einsetzen führt ja dazu, dass man an den Stellen, wo man es einsetzt, nicht ganz hundertprozentig millimetergenau die Position trifft, weil man ja über eine kathetergestützte Technik vorgeht.
Und das kann dann an diesen Grenzstellen, kann es kleine Leckagen geben. Die dann im Nachgang nochmal versorgt werden müssen. Also dass die Methode der Endovaskularprothetik, so nennen wir das, ist sehr elegant, sehr schonend.
Das ist eine reine Kathetertechnik. Man muss nicht großoperieren, man muss den Patienten nicht aufschneiden. Davon fürchten sich ja viele Patienten auch zu Recht.
Man kauft sich aber dieses schonende Verfahren damit ein, dass im Nachgang immer mal auch Nacharbeiten nötig sind.
Julia Nogli
Okay, aber das ist eben möglich und in der Tat ist es schon da. Herr Dr. Erb, ich frage jetzt auch immer mal ein bisschen allgemeiner. Das klingt ja alles so, dass ja besser wäre, es kommt gar nicht dazu.
Was würden Sie denn sagen? Also es sei denn, man hat eine genetische Disposition dafür. Aber wie kann man sowas verhindern?
Kann man so leben? Kann man da vieles richtig machen, dass es möglicherweise gar nicht dazu kommt?
Dr. Michael Erb
Natürlich wie immer gesund leben, vor allem nicht rauchen. Also die Aneurysmen sind mit Nikotin natürlich sehr vergesellschaftet und den hohen Blutdruck vermeiden. Und dann ist es auch so, es gibt ja die genetischen Syndrome, die immer diese Erweiterungen machen, unabhängig vom Blutdruck.
Aber es gibt eben auch so eine familiäre Disposition. Das heißt, wenn in der Familie so was gehäuft aufgetreten ist wie ein Aneurysma, dann ist es sicherlich auch ganz gut, das mal überprüfen zu lassen ab einem gewissen Alter. Und da muss man auch nicht gleich ein CT machen.
Das geht wunderbar, gerade im Bauchbereich oder auch am Herzen direkt mit einer Ultraschalluntersuchung und auch zu schauen, ob man einen hohen Blutdruck hat.
Julia Nogli
Professor Albes, Sie sagten vorhin von der OP, wie sie ursprünglich war. Oder das ist ja dann regelrecht ein Abwägen, ob man das also bei einem hochbetagten Menschen zum Beispiel noch macht. Also wie gehen Sie damit um?
Prof. Dr. Johannes Albes
Ja, tatsächlich ist das genau die Frage, die wir uns immer stellen müssen. Sollen wir den Patienten konventionell operieren mit dann einem sehr sicheren Langzeitergebnis, aber mit hohem operativen Risiko? Sollen wir eine Endovaskularpathetik vornehmen mit deutlich geringerem Risiko, während oder nach der Maßnahme ein lebensgefährliches Problem zu erleiden, aber mit der nachfolgenden Notwendigkeit von Nachbehandlungen?
Und gerade im Bereich des herznahen Bereichs, der Hauptschlachata, aufsteigender Teil, Bogen und der erste absteigende Teil. Da haben wir früher uns immer für das konventionelle Vorgehen, das konventionelle operative Vorgehen entscheiden müssen, weil es gar keine geeigneten Endovaskularprothesen gab. Jetzt haben wir mittlerweile in der neuesten Ausfertigung Prothesen, mit denen wir von hinten in den Aortenbogen hineinkommen und auch einen oder zwei der drei Abgänge, die zum Kopf führen, mitversorgen können, mit Seitenarmen bis in den aufsteigenden Teil, sodass wir jetzt sogar hier auch abwägen können, beim Risikopatienten eine große Operation nicht mehr vornehmen zu müssen.
Und wir können auch das miteinander kombinieren. Wir können einen Teil des Eingriffs konventionell machen und ihn damit einigermaßen schlank halten und den zweiten Teil des Eingriffs mit der Endovaskularprothese eben deutlich risikoärmer gestalten. Und dann kommt praktisch konventionelle Chirurgie und Endovaskularprothetik kommt dann sozusagen im Bogen zusammen.
Und in Summe haben wir den Patienten weniger stark gefährdet, als wir es früher gemusst hätten.
Julia Nogli
Also da geht deutlich was voran, auch in diesem Bereich. Herr Dr. Erb, letzte Frage an Sie noch mal. Sie hatten diese Aorte-Sprechstunde erwähnt.
Wenn jetzt jemand es hört, sich da irgendwie Sorgen macht, würde man aber zunächst bei Hausärztin oder Hausarzt abklären oder hat es sogar Sinn für Menschen dort schon hinzukommen in diese Sprechstunde?
Dr. Michael Erb
Also im meisten Sinn in der Sprechstunde macht es, wenn schon etwas diagnostiziert ist, natürlich. Also wir können nicht die Patienten quasi alle durcharbeiten und gucken, ob sie sowas haben. Aber wenn sie eine Erweiterung haben, dann stehen wir gerne zur Verfügung.
Man findet es auch auf der Webseite bei uns. Ich würde noch eine Sache gern sagen zur Versorgung der Aneurysmen. Bis lang waren ja die Abgänge sowohl im Bauchbereich die wichtigen, als auch im Bogenbereich, wie Professor Albes schon sagte, immer eine limitierende Problematik, was die Aneurysmen anging.
Ich erkläre meinen Patienten immer, dass wir im Prinzip wie Klempner arbeiten. Wenn das Wasserrohr kaputt geht, da wird ja auch erst mal von innen geschient, bevor man den Bagger holt. Und wir können eben jetzt diese Prothesen speziell anfertigen lassen, wo schon Löcher vorgesehen sind und diese dann selektiv im OP auch nochmal sondieren und die Abgänge damit versorgen.
Wir können aber auch im Notfall zum Beispiel, wenn diese Prothesen nicht da sind, mit einem Laser Löcher in die Prothese hineinbohren im Notfall und dann eben auch diese Abgänge versorgen. Wichtig ist immer die Einschätzung im CT, wie das Aneurysma aussieht, ob man die Prothesengröße auch da hat. Und was jetzt eben immer mehr kommt und was wir auch letztens als erstes gemacht haben, sind Prothesen, die im Schrank liegen und eben diese Abgänge auch schon haben, die man nicht unbedingt herstellen muss, sondern die sind eben schon vorgefertigt und können ganz schnell auch an den Patienten gebracht werden.
Wenn man Zeit hat, das dauert etwa sechs bis acht Wochen, bis eine Prothese mit Abgängen bestellt ist. Aber immer mehr haben wir eben jetzt auch spezielle Prothesen, die quasi im Schrank liegen und das ist das Neue jetzt aktuell.
Julia Nogli
Es kann also schneller und auch immer spezieller je nach Situation des Patienten geholfen werden bei einem Aortenaneurysma und das dann auch dauerhaft. Wenn Sie mehr Infos möchten, schauen Sie hier auf www.paradiso.de in unserer Mediathek unter Natürlich gesund. Einen wundervollen Abend für Sie mit Radio Paradiso.
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Entlastung der Pflege durch die Serviceassistenz
Stephani Andrich, Leitende Serviceassistentin am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, erläutert wie die Serviceassistenz die Pflege entlastet.
Julia Nogli: Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Stephani Andrich ist leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau. Wohlfühlfaktor Service im Krankenhaus, darüber sprechen wir, denn hier hat sich einiges verbessert.
Nicht mehr zwei Gerichte gibt es nur zum Essen, sondern individuelle Menüs lassen sich zusammenstellen. Freundlichkeit und Aufmerksamkeit für den einzelnen Patienten stehen im Vordergrund. Frau Andrich kostet das dadurch alles mehr.
Zahlt der Patient mehr für seine Tage im Krankenhaus?
Stephani Andrich: Der Patient zahlt nach wie vor seine Pauschale im Krankenhaus. Nach wie vor, wie auch früher, ist es so, dass die Kosten, die Kostenumlegung mit den Krankenkassen verhandelt werden. Da stecken wir Serviceassistenten jetzt nicht im Detail drin.
Uns geht es ja speziell darum, in dem vorgelegten Kostenplan beispielsweise oder im Budget zu agieren und da das Bestmögliche für den Patienten rauszuholen. Vor zehn Jahren war es eben auch noch so, dass die ganzen kleineren Arbeiten rund um den Patienten von der Pflege mitgemacht wurden. Das heißt also auch die Aufnahme der Speisewünsche beispielsweise wurde von der Pflege mitgemacht.
Die Bettenaufbereitung, die hygienische Bettenaufbereitung wurde von der Pflege mitgemacht. Die ganzen Arbeitsmaterialien wie Spritzen etc. müssen aufgefüllt werden, damit man ad hoc reagieren kann.
Das sind all die kleinen Sachen, die jetzt die Serviceassistenten übernehmen, um die Pflege dahingehend wirklich entlasten zu können, damit die ihren Fokus tatsächlich auf das legen können, worum es ihnen auch geht, nämlich die Pflege des Patienten und die schnelle Genesung.
Julia Nogli: Und funktioniert es auch diese Entlastung? Also ist das spürbar? Freuen sich die Pflegekräfte?
Stephani Andrich: Ich möchte es hoffen. Ich habe durchaus das Gefühl, ja, nein. Also es hat sich tatsächlich etabliert.
Wir haben in unserem Haus diese neue Berufsgruppe vor circa fünfeinhalb Jahren kreiert. Es war damals ein Pilotprojekt, was jetzt also wirklich eine kleine Erfolgsgeschichte hinter sich herzieht. Und ich denke schon, dass die Kollegen der Pflege wie auch die angrenzenden Berufsgruppen.
Wir arbeiten ja mit einem Qualifikationsmix. Das heißt, es geht ja nicht nur um die Serviceassistenz, sondern da geht es auch um die Hauswirtschaft. Da geht es um die Physiotherapie.
Da geht es, ich möchte jetzt niemanden vergessen zu erwähnen, aber es sind wirklich sehr viele verschiedene angrenzende Berufsgruppen rund um die Pflege postiert worden, um das Ganze wie ein Zahnradgetriebe wirken zu lassen. Die Pflege steht in der Mitte und rundherum alles zum Wohle des Patienten drehen sich die anderen Zahnräder in Form von anderen Berufsgruppen mit, sodass letztendlich jeder auch nach seinen Stärken und Kompetenzen eingesetzt ist. Und da sehen wir eben unseren Wirkungskreis als Serviceassistentin.
Wir sind dafür zuständig, wirklich kleine Wow-Effekte zu kreieren, kleine Wohlfühlmomente zu zelebrieren. Das können ganz verschiedene Sachen sein, die vom normalen Alltag einfach mal abweichen.
Julia Nogli: Stephani Andrich, leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau. Wohlfühlfaktor Service im Krankenhaus unser Thema heute in Natürlich gesund hier auf 98.2 Radio Paradiso. Jetzt mit Snow Patrol und Chasing Cars.
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Fitnesstracker und Smart Watches - sind sie auch sinnvoll für kardiologische Patienten?
Dr. med Christian Georgi, Facharzt für Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, erklärt im Interview auf Radio Paradiso, ob und wie Fitnesstracker oder Smart Watch bei der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen helfen können.
Julia Nogli
Einen wunderschönen Dienstagabend mit Radio Paradiso und der Sendung Natürlich gesund. Mein Name ist Julia Nogli. Mein Gast hier im Studio ist Dr. Christian Georgi, Oberarzt in der Abteilung Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Hallo erstmal.
Dr. med Christian Georgi
Hallo Frau Nogli, ich freue mich wieder hier zu sein.
Julia Nogli
Wir haben ein besonderes Thema heute und zwar Fitness-Tracker und Smartwatches auch sinnvoll für kardiologische Patienten. Vielleicht erstmal, wer sich damit gar nicht so auskennt, können Sie kurz den Unterschied mal erklären zwischen einem Fitness-Tracker und einer Smartwatch?
Dr. med Christian Georgi
Ja gerne. Also letztlich gehören beide ja zu den sogenannten Variables. Ein bisschen komplizierter Name oder schwer auszusprechen.
Variables sind letztlich ja sowas wie kleine Minicomputer, die der entsprechende Träger oder Benutzer am Körper trägt und die in der Lage sind, bestimmte Aktivitätsdaten über den jeweiligen Träger zu ermitteln und auch bestimmte Kapitalfunktionen abzugreifen und demjenigen oder derjenige, der sie trägt, direkt und live wieder zu spiegeln. Und in dem Moment sind Fitness-Tracker eine etwas wahrscheinlich abgespeckte Version von sogenannten Smartwatches, also von so, ja von letztlich so Computeruhren, die man am Handgelenk trägt, die Fitness-Tracker im Normalfall können über GPS Daten wie Strecken ermitteln, die können eine Schrittzahl zeigen, die können meistens auch so eine Herzfrequenz ermitteln. Was man damit nicht machen kann, ist eben Anrufe annehmen, man kann damit keine WhatsApps schreiben, man kann damit jetzt nicht sich per Google Maps die Wegstrecke anzeigen lassen oder ähnliches.
Also die Smartwatches haben dann schon noch deutlich mehr Funktionen, gerade wenn es so um Consumer Variables, also um irgendwie Lifestyle-Produkte geht und darum, wie man die Uhr noch mit seinem Smartphone am besten verknüpfen kann.
Julia Nogli
Genau, aber das blenden wir heute aus. Wir wollen die Fitness-Tracker oder eben diese Funktion. Was sind denn so die Klassiker, was die messen können, was jetzt so meine körperliche Aktivität oder Befindlichkeit angeht?
Dr. med Christian Georgi
Also diese ganzen Variables basieren ja letztlich auf Sensoren, Sensoren und Elektroden, mit Hilfe derer sie bestimmte Parameter messen können. Und da gibt es Variables, das kann man sich gar nicht ausmalen, in allen möglichen Formen und Farben und Größen und Funktionen. Angefangen vom, wenn man sich überlegt, bestimmte Stirnbänder, es gibt Kontaktlinsen mittlerweile, die Sachen ermitteln können, es gibt Brustgurte, es gibt die Uhren, es gibt Ringe, es gibt in Kleidung integrierte Sensoren.
All das sind Variables und die hauptsächlichen Sensoren, die da genutzt werden, sind meistens so Accelerometer, also Beschleunigungssensoren, Bewegungssensoren, die in der Lage sind, eben Schritte oder bestimmte Bewegungsänderungen oder eben Strecken nachzuvollziehen. Das ist also eine Sache, die die machen. Es gibt gerade jetzt, das ist eher so mein Tätigkeitsfeld oder das Tätigkeitsfeld des Kardiologen, den Puls, den die Uhren ableiten können, aber auch ein EKG, also ein Elektrokardiogramm, die Herzstromkurve sozusagen, die man ableiten kann über so Uhren oder auch über sogenannte Einkanal-EKGs, das sind dann also in der Größe von so einem USB-Stick zum Beispiel, aber flacher, die man in der Hosentasche mittragen kann und jederzeit in der Lage ist, ein zwar basic, aber doch für den Kardiologen sehr wertvolles EKG aufzuzeichnen.
Julia Nogli
Ja, das ist erstaunlich. Vielleicht mal das ganz Banale, diese Schrittzähler. Was wäre denn da ein guter Wert?
Dr. med Christian Georgi
Da streitet man sich, oder was heißt streitet man sich? Es gibt da viele Untersuchungen zu. Es gab irgendwann mal, das war jetzt, glaube ich, ein japanischer Werbegag ursprünglich, die haben von 10.000 Schritten gesprochen am Tag. Das wäre eine sinnvolle Marke zu erreichen. Und das ist eine ganze Menge, wenn man sich das überlegt, weil 10.000 Schritte, je nachdem, wie groß die Schrittlänge so ist, da ist man schon bei ein paar Kilometern, da ist man schon bei zehn, fast sogar manchmal noch mehr Kilometern am Tag. Das muss man also erst mal schaffen.
Es ist zum Glück auch so, dass deutlich weniger Schritte, man geht es ja von drei bis 4000 Schritten pro Tag aus, die schon mit einem gesundheitsfördernden Aspekt einhergehen. Und umso mehr Schritte, umso besser, aller Wahrscheinlichkeit nach. Aber schon also geringe Verbesserungen um 500 oder 1000 Schritte pro Tag sind da für die Prävention von chronischen Erkrankungen sehr hilfreich.
Julia Nogli
Er ist überzeugt, Dr. Christian Georgi, Facharzt für Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Fitness-Tracker und Smartwatches auch sinnvoll für kardiologische Patienten? Das ist unser Thema heute.
Und was dabei zu beachten ist, darüber sprechen wir gleich hier in natürlich gesund auf Radio Paradiso. Sie sind bei Radio Paradiso mit natürlich gesund. Es geht heute um Fitness-Tracker und Smartwatches.
Und die Frage, sind sie auch sinnvoll für kardiologische Patienten? Gast im Studio ist Dr. Christian Georgi, Facharzt für Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Als Arzt scheinen Sie, Brandenburg, als Arzt scheinen Sie eine gute Meinung von solchen Fitness-Trackern zu haben, weil es ja auch jeden, der sowas trägt und sich damit beschäftigt, motiviert, oder?
Dr. med Christian Georgi
Genau, ich glaube, das ist ein Aspekt, bei dem eigentlich jeder zustimmen kann. Der ist, glaube ich, vorteilhaft für die Patientinnen und Patienten. Also vom Präventionsgedanken her, diese Uhren geben mir ein Feedback.
Die motivieren mich, wenn ich dafür, also es gibt ja unterschiedliche Personengruppen, die diese Uhren tragen. Es gibt so diese Selbstoptimierer, also die, die sagen, ich möchte jetzt, ich trainiere jetzt für den Marathon, für den Triathlon und ich möchte ganz genau wissen, wie ist meine Herzfrequenz? In welchen Herzfrequenzbereichen trainiere ich?
Wie viele Schritte habe ich heute gemacht? Wie weit war meine Strecke? Das ist so der Typ.
Dann gibt es den Typ besorgter Patient, besorgte Patientinnen eher. Das sind Leute, die sozusagen die Hoffnung haben und auch berechtigte Hoffnung haben, dass sie die Uhren in der Lage sind, bestimmte, beispielsweise Rhythmusstörungen zu detektieren oder aufzudecken, die die Patienten schon länger quälen. Die aber, das darf man, glaube ich, auch nicht verschweigen, auch immer das Potenzial haben, eine gewisse Verunsicherung mit reinzubringen.
Weil dann Patienten sich, darf man nicht vergessen, das sind zum Großteil eben keine Medizinprodukte, also keine verifizierten Geräte, die einen langen regulatorischen Prozess durchlaufen haben, sondern oft eben Lifestyle-Produkte. Und man kann nicht auf jeden Messwert 100 Prozent Genauigkeit, kann man sich nicht verlassen. Das heißt, es gibt eben auch die Patienten, die kommen und sagen oder geschickt werden und da heißt es, der Puls war jetzt mal bei 40 über Nacht und brauchen jetzt einen Herzschrittmacher.
Das sind Patienten, die zum Teil keinerlei Symptome verspüren und die dann zu einem Kardiologen kommen und der sagt, nee, nee, das ist alles im Moment gar nicht der Fall und gar nicht notwendig. Aber die, also damit will ich nur sagen, es gibt auch eine Möglichkeit einer gewissen Verunsicherung durch diese Daten, die die ganze Zeit erhoben werden.
Julia Nogli
Also ich zum Beispiel kann mit dem Puls nicht viel anfangen. Was ist da denn normal? Wer jetzt bei Anstrengung oder im Normalen, worauf würde ich da achten?
Dr. med Christian Georgi
Also normal sagt man, sind so Ruhepulswerte von zwischen 60 und 100 in etwa. Was aber nicht heißt, dass ein Ruhepuls von 50 schlecht ist, ganz im Gegenteil. Also durchaus jemand Junges und Sportliches, der hat auch mal einen Ruhepuls nachts von nur 40 und auch das ist kein Problem.
Aber es lässt sich zum Beispiel manchmal ganz gut nachvollziehen anhand des Ruhepulses, wenn man jetzt eine Infektion hat, wenn man zum Beispiel Lungenentzündung hat oder man hat eine andere Erkrankung, ein Covid beispielsweise, dann kann man häufig nachvollziehen, dass die Ruheherzfrequenz sich dann über die Tage und Wochen deutlich nach oben entwickelt und sich dann nach Ausklingen der Erkrankung wieder normalisiert.
Julia Nogli
Aha, okay. Ja, das sind Dinge, die man ja einordnen muss. Und bei Anstrengung, wie darf der da hochgehen?
Also ich kenne es vom Sportstudio, da sind dann so eine Diagramme da zu sehen, die man sich kaum erkennen kann, wo es ein bisschen nach Alter und so weiter geht. Auch da wüsste ich nicht, wenn ich jetzt laufe, jogge oder so, wie hoch darf er denn gehen? Was ist dann okay, was nicht mehr?
Dr. med Christian Georgi
Das ist individuell auch sehr unterschiedlich, aber so als Faustregel kann man sagen 220 minus Lebensalter.
Julia Nogli
Okay, ja, das ist eine einfache.
Dr. med Christian Georgi
Das ist in etwa ein Wert, wo man sagen kann, das sollte so die Höchstfrequenz sein, die man erreicht und wenn man unter Belastung jetzt deutlich darunter bleibt, dann muss man sich fragen, ob das normal ist. Also wenn jetzt ein 40-Jähriger sich maximal anstrengt und nicht über 90er Puls kommt, das ist sicherlich nicht normal, aber nach oben hin ist das im Prinzip, wenn man sehr trainiert ist und bis zu einer 200er Herzfrequenz ist das durchaus machbar und normal.
Julia Nogli
Und spielt es auch eine Rolle, wie schnell er dann wieder runter geht, wenn ich fertig bin mit dem Training? Ist das auch ein Parameter?
Dr. med Christian Georgi
Ja, das ist auch ein Parameter, den die Uhren zum Teil auch erheben automatisch. Die gucken sich sozusagen an, wie schafft es das Herz innerhalb von einer Minute, die Herzfrequenz wieder zu senken? Also wie gut, wie schnell findet dort Erholung statt?
Und das ist auch ein Parameter, der für die Prädiktion von Kardialen, also für die Vorhersage von Herzereignissen eine Rolle spielen kann.
Julia Nogli
Da gibt es also einige Dinge, die sinnvoll sind im Zusammenhang mit Fitness-Trackern und Smartwatches. Aber wie gehört, bitte auch nicht verrückt machen lassen. Es sind keine medizinischen Geräte und wer eine kardiologische Erkrankung hat, lässt sich ohnehin lieber ärztlich beraten.
Gleich mehr zum Thema von Dr. Christian Georgi, Facharzt für Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Sie sind bei natürlich gesund hier auf Radio Paradiso. Fitness-Tracker und Smartwatch ist auch sinnvoll für kardiologische Patienten.
Darüber spreche ich heute hier in natürlich gesund auf Radio Paradiso mit Dr. Christian Georgi, Facharzt für Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg und heute mein Gast hier. Ja, Sie haben eben schon von vielen Vorteilen solcher Fitness-Tracker gesprochen. Eine gewisse Kontrolle über die Herz-Kreislauf-Werte und auch Motivation zu mehr Bewegung.
Jetzt wollen wir es ja spezialisieren auf kardiologische Patienten. Was haben Sie da schon für Erfahrungen und wie kann so was hilfreich sein, sich da selber ein bisschen zu beobachten?
Dr. med Christian Georgi
Also ein Beispiel, das, was ich eben schon genannt habe, also gerade diese Rhythmus-Patienten, also Patienten, die mitunter seit Monaten oder seit Jahren Rhythmusstörungen verspüren, unregelmäßig, oft nur für wenige Minuten, manchmal anhaltend. Das sind Leute, die kämpfen immer damit, dass, wenn die in die Praxis kommen, haben die oft schon mehrere Ärzte hinter sich, sind zum Teil irgendwie auch schon in die Psychosomatik überwiesen worden oder Ähnliches und haben selber das Gefühl, sie sind irgendwie verrückt und sagen aber so Sachen wie das, ich merke das doch, da ist das Herz irgendwie unregelmäßig, da stimmt irgendwas nicht. Und was wir bisher machen konnten, war, wir konnten den Leuten dann sagen, okay, sie kriegen jetzt mal für drei Tage ein EKG mit und dann hoffen wir mal, dass es da stattfindet.
Wenn die aber sagen, das habe ich einmal im halben Jahr, dann ist die Chance gering, dass man da was sieht. Das heißt, für die Leute ist so eine Rhythmusüberwachung, die sie einerseits durch diese Uhren passiv haben, das ist die sogenannte Fotoplatysmographie, das sind also optische Sensoren, die sind hinten an der Uhr dran und die senden Lichtstrahlen aus, so Infrarotlicht oder so grünes Licht und diese Strahlen treffen dann auf das Hämoglobin, den roten Blutfarbstoff und werden dort eben absorbiert und reflektiert und je nachdem, wie viel Blutvolumen gerade dann durch diesen Teil des Gefäßes fließt, kann man das in eine Pulskurve umrechnen und kann sozusagen die ganze Zeit passiv gucken, wie ist eigentlich der Puls des Patienten und ist der rhythmisch oder nicht rhythmisch. Das ist das eine und das andere ist, dass die meisten neueren Uhren, zumindest in der Lage sind, ein EKG zu schreiben, aktiv. Das heißt, der Patient muss so eine Applikation auf der Uhr aktivieren, das geht ganz einfach und dann hält er den Finger der entgegengesetzten Hand an die Uhr und kann damit ein sogenanntes Ein-Kanal-EKG schreiben und das hat ehrlich gesagt, wenn die Anwenderempfehlungen eingehalten werden, also man soll das sehr ruhig machen, man muss das 30 Sekunden ruhig halten, hat das eine sehr, sehr gute Qualität und meistens eine ausreichende Qualität, um anhand dessen den Patienten entweder zu beruhigen und zu sagen, Mensch, das sind irgendwie Extraschläge, das ist nicht weiter schlimm oder aber auch zu sagen, das sieht aus wie Vorhofflimmern und da sollten wir was machen.
Julia Nogli
Und wie können Sie denn diese Daten dann auslesen? Kommen die mit Ihrer Smartwatch, mit Ihrem Fitnesstracker zu Ihnen oder mit irgendwelchen Ausdrucken? Wie sehen Sie denn das?
Dr. med Christian Georgi
Das macht glaube ich jeder Kardiologe, jede Kardiologe ein bisschen unterschiedlich, je nachdem, wie sehr man davon überzeugt ist oder wie skeptisch man ist. Ich persönlich muss sagen, ich nutze das sehr gerne und wenn Patienten zu mir kommen in die Ambulanz und ich sehe, dass sie eine Uhr haben, frage ich die durchaus, ob die mir nicht die letzten EKGs mal zeigen können, ob die mir den Verlauf des letzten halben Jahres zeigen können. Und das machen die an sich, die meisten haben dann irgendwas aufgezeichnet.
Und klar, man muss sich jetzt auch als Arzt, muss man aufpassen, auf große Daten fluten. Also es gibt natürlich Leute, die dann 400 EKGs aufzeichnen und einem die per E-Mail schicken. Das ist ein großes Thema sicherlich, wohin mit all diesen Daten, die Patienten aufzeichnen.
Aber wenn das einzeln exemplarisch einem gezeigt wird, kann das durchaus sehr hilfreich sein. Also die zeigen, es gibt da Bestrebungen, bestimmte Schnittstellen zu schaffen, aber im Moment existieren die so noch nicht. Das heißt, das basiert dann tatsächlich, Patient kommt und zeigt einem auf seinem Smartphone.
Das ist immer wichtig, dass man guckt, wenn man sich so eine Uhr zulegt oder einen Fitnesstracker, dass der kompatibel mit dem eigenen Smartphone ist. Die meisten sind das, aber es gibt durchaus Hersteller, die da sehr exklusiv sind. Darauf sollte man also achten.
Und dann kann das aber ein hilfreiches Tool sein, auch in der Arzt-Patienten-Beziehung.
Julia Nogli
Gibt es auch ältere Menschen, die sowas nutzen? Beobachten Sie das?
Dr. med Christian Georgi
Ja, zunehmend. Man ist zunehmend überrascht, dass man Leute vor sich hat, wo man denkt, naja gut, die kommen dafür nicht in Frage. Und plötzlich holen die so eine Uhr raus.
Das sind dann häufig Geschenke der Kinder, die dann sagen, mach das doch mal und guck dir das doch mal an. Und ich bin aber überrascht, dass die meisten das dann doch halbwegs annehmen. Weil die sind ja schon, die meisten sind ja schon sehr intuitiv.
Also die erheben wahnsinnig viele Daten. Und ich glaube, die meisten wissen überhaupt nicht, wohin mit all diesen Daten. Und gucken die sich auch nicht an und werten die auch nicht für sich aus.
Aber die einfache Anwendung, das Tragen und das Nutzen. Und die meisten zeichnen ja viele Sachen eben passiv auf. Also dafür ist es nicht notwendig, dass die Leute aktiv was aktivieren, sondern es gibt Algorithmen, die eben das Passive auswerten.
Und das kriegen die meisten schon ganz gut hin.
Julia Nogli
Auch was für ältere oder alte Menschen. Fitness-Tracker und Smartwatches. Und die Frage, sind sie auch sinnvoll für kardiologische Patienten und Patientinnen?
Darum geht's heute hier in natürlich gesund. Und in wenigen Minuten mehr dazu von Dr. Christian Georgi. Und auch für Sie zum Nachlesen auf Paradiso.de in der Mediathek unter natürlich gesund. Bleiben Sie dran. Hier ist Radio Paradiso mit natürlich gesund. Über den gesundheitsfördernden Wert von Fitness-Trackern und Smartwatches auch in der Kardiologie spreche ich heute mit Dr. Christian Georgi, Kardiologe am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Sie sagten schon, dass es durchaus sinnvoll sein kann, wenn Patienten ihnen Werte auf ihren persönlichen Geräten zeigen. Ein bisschen erinnert es ja auch an die Telemedizin, die ja auch schon angewendet wird. Und letztlich viele Wege zum Arzt spart.
Dr. med Christian Georgi
Genau. Telemedizin nutzen wir auch schon seit vielen Jahren. Und das ist auch sehr sinnvoll.
Und gerade so implantierte kardiale Devices, also Schrittmacher, Defibrillatoren, Implantierte, die haben ja oft eine Telemedizin-Funktion, sodass man auch die Leute einmal pro Woche oder einmal am Tag ihre Daten eben an die Klinik übertragen. Und die werden dann gecheckt. Aber auch die müssen eben aktiv von Leuten sich angesehen werden, von Ärzten oder von Studienschwestern oder Ähnlichem.
Das heißt, auch da gibt es viele Daten. Und man muss gucken, dass man Algorithmen entwickelt, die das automatisch vorauswerten. Das gibt es zum Teil auch schon, dass man als Arzt halt nur noch mal kurz drüber gucken muss.
Julia Nogli
Würden Sie denn direkt auch Patientinnen oder Patienten solche Fitness-Tracker oder so was empfehlen? Oder lassen Sie das so ein bisschen auf sich zukommen?
Dr. med Christian Georgi
Ja, man muss so ein bisschen vorsichtig sein. Das spielt so ein bisschen auf das an, was wir vorhin schon kurz hatten. Also der Unterschied zwischen Lifestyle-Produkt und Medizin-Produkt.
Also die allermeisten Uhren und auch die meisten sozusagen Features, die diese Uhren oder die auch insgesamt Variables haben, sind eben auf dem Lifestyle-Markt zu verorten. Und da muss man dann ein bisschen vorsichtig sein, an welche Werte man sich hält und welche Werte man wie interpretiert. Aber gerade für eben die Rhythmusüberwachung, für EKG-Schreibung, wo ich sozusagen ja dann der bin, der als Arzt, und so ist es Leitlinien gerecht, immer noch mal drüber gucken muss, ob das, was die Uhr dort per Algorithmus ausspuckt, tatsächlich auch so stimmt.
Das nutze ich sehr gerne und sehr viel und ermuntere die Leute durchaus auch, ohne jetzt einen bestimmten Hersteller zu empfehlen oder auch ohne ein bestimmtes Variable zu empfehlen. Also die Uhr, finde ich, bietet sich für vieles an. Aber es gibt durchaus auch jetzt Leute, die mit so einem Ring irgendwie sehr zufrieden sind oder eben Leute, die sagen, ich will eigentlich nichts die ganze Zeit an mir tragen, aber ich hätte gern was am Portemonnaie dabei.
Für die eignet sich, wie gesagt, so ein Ein-Kanal-EKG gut. Ich glaube, ein anderes Variable, was in letzter Zeit sehr zunehmend gekauft wird und eingesetzt wird, ist dieser so ein Patch, um den Blutzuckerspiegel die ganze Zeit live zu messen. Den macht man so meistens am Hinter- oder Oberarm, befestigt man den, den piekst man sich rein, das tut aber nicht weiter weh, der klebt dann auf der Haut und der kann da 14 Tage dranbleiben.
Julia Nogli
Wahnsinn, ja, das sind doch tolle...
Dr. med Christian Georgi
Das ist natürlich einerseits für Diabetiker wunderbar, weil die sich nicht mehr ständig pieksen müssen. Das ist ein Vorteil, aber es kann eben auch für Leute, die sagen, ich will meine Ernährung umstellen oder ich will jetzt beobachten, inwiefern nach dem, was ich gegessen habe, Blutzuckerspitzen plötzlich entstehen und will die vermeiden. Auch für so Sachen kann das natürlich interessant sein.
Julia Nogli
Ich glaube, viele hätten da noch tausend Fragen und damit es eben nicht in diese falsche Richtung läuft, was Sie schon sagten. Bei mir zum Beispiel, ich bräuchte nicht diese Schlafüberwachung. Ich weiß, dass ich Schlafprobleme habe.
Ich will das da nicht auch noch nachlesen. Ich will zum Beispiel auch nicht, dass die ganze Nacht da am Handgelenk haben. Oder wie sehen Sie das mit dem Schlaf?
Das haben die ja fast alle, diese Funktion, ja?
Dr. med Christian Georgi
Ja, nutzen Leute ganz unterschiedlich. Ich glaube, es kann hilfreich sein. Es gibt Leute, die dann endlich mal auch das Feedback von einem für sie objektiven Gerät bekommen, der sagt, du schläfst schlecht und dann sagen die, siehste, wusste ich doch immer schon.
Julia Nogli
Oder umgekehrt, das gibt es ja auch. Man denkt, man hat die ganze Nacht nicht geschlafen und das Gerät sagt mir, ich habe sehr wohl geschlafen.
Dr. med Christian Georgi
Oder so, genau. Also da gibt es sicherlich öfter mal eine Diskrepanz zwischen dem, was man selber wahrnimmt und dem, was einem dann das Gadget oder das Variable dann spiegelt. Ich persönlich nutze es auch nicht wahnsinnig viel, ehrlich gesagt.
Aber ich weiß, dass es schon auch eine große Branche ist und dass es schon viele auch Variables gibt, die sich explizit damit beschäftigen und sagen, wir versuchen irgendwie Schlafhygiene besser ins Schlafzimmer zu bringen. Und ich glaube, alles, was einem irgendwie ein Feedback gibt und zu positiven Gewohnheitsänderungen einen bringt, ist, glaube ich, hilfreich. Also ich glaube, insgesamt in diesem Variable-Markt muss man sagen, was Diagnostik- und Therapieentscheidungen betrifft, auch ärztlicherseits, sollte man in den meisten Bereichen doch sehr vorsichtig sein.
Aber gerade, was eben diesen Präventionsgedanken betrifft und was irgendwie eine gewisse Achtsamkeit für das eigene Gesundheitsempfinden oder für das eigene Wohlbefinden betrifft, da können diese Variables, auch diese Lifestyle-Variables, glaube ich, sehr hilfreich sein.
Julia Nogli
Sagt Dr. Christian Georgi, Facharzt für Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Fitness-Tracker, Smartwatches und andere Wearables haben ihre Berechtigung in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch allgemein bei der Gesundheitsförderung. Mehr Infos zu Dr. Georgi und zum Herzzentrum Brandenburg, auch die ganze Sendung, wenn Sie wollen, noch mal zum Nachhören, hier auf Paradiso.de in der Mediathek unter Natürlich Gesund. Einen wunderschönen und entspannten Abend für Sie mit Radio Paradiso.
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Umdenken im Krankenhausservice
Stephani Andrich, Leitende Serviceassistentin am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, erklärt was den neuen Service im Krankenhaus ausmacht.
Julia Nogli: Radio Paradiso, Sie hören natürlich gesund, unser Magazin immer am Dienstagabend. Wenn man ernsthaft krank ist, eine OP ansteht oder eine aufwendige Behandlung, muss man ins Krankenhaus. Das aber sollte einem so angenehm wie möglich gestaltet werden, sagt Stephanie Andrich, leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau.
Hier ist sogar die neue Berufsgruppe der Serviceassistentin entstanden. Inwieweit profitieren die Patienten davon? Sie haben eben schon erzählt, dass man gern auch mal vom Krankenhausalltag ein wenig abweichen kann.
Können Sie da mal ein Beispiel nennen, was Sie da meinen?
Stephani Andrich: Beispielsweise letztes Jahr, als es so sehr heiß war, haben wir relativ spontan einen alkoholfreien Cocktail kreiert, weil es so warm war, dass die Patienten also freiwillig alle ihre Zimmertüren geöffnet haben. Es zog kein Wind durchs Haus und der sah ebenso aus, dass wir ein Saftglas voll Crushed-Ice gefüllt haben. Ganz einfach eigentlich, mit einer ganz großen Wirkung.
Etwas Grenadinsirup, Orangensaft aufgefüllt, eine Scheibe Limette ran und einen kleinen Strohhalm. Und das haben wir dann zur Vesper, also zur Kaffeerunde mit serviert. Und Sie glauben nicht, Frau Nogli, diese Dankbarkeit, dieses echte und ehrliche Feedback, das ist mit Gastronomie dann schon nicht mehr zu vergleichen, das ist wirklich echt.
Das kann aber genauso gut auch ein Barbecue sein in unserem Innenhof, in unserem Mitarbeiter- und Patientenrestaurant, was wir dann statt Abendessen angeboten haben. Das heißt, die Patienten hatten die Möglichkeit, am Tag vorher zu wählen, möchten sie ihr Abendessen so wie immer auf dem Tablett aufs Zimmer serviert haben oder möchten sie vielleicht doch an diesem besonderen Barbecue teilnehmen, wo also im Innenhof am offenen Feuer gegrillt wurde. Unsere Küchenchefin auch dabei war, die Ramona Wittkowski, wo ich sehr froh bin, dass sie bei uns ist.
Sie ist auch sehr innovativ. Patienten, die vielleicht noch nicht ganz so mobil waren, denen es aber schon gut ging, für die haben wir einen Patientenbegleitdienst organisiert an dem Abend. Und das kommt einfach super an, weil das ist einfach mal was anderes.
Und ich denke auch, dass solche kleinen Momente wirklich auch mit zur Genesung beitragen.
Julia Nogli: Absolut, das wird ja oft gesagt. Psychisch spielt halt auch eine Rolle. Was wünschen Sie sich denn sozusagen, was jemand dann nach einem zweiwöchigen Aufenthalt im Krankenhaus erzählt?
Stephani Andrich: Das kann ich Ihnen ganz genau sagen, Frau Nogli, weil zweimal durfte ich es schon selbst hören. Das ist ja wie im Hotel hier. Das ist das große Ziel.
Wir sind ein Krankenhaus mit Hotelcharakter. Daran arbeiten wir jeden Tag. Es ist sicherlich hier und da noch ein weiter Weg dorthin.
Aber ich glaube, meine Sicht auf die Dinge als Gastronomin, dass wir auch dort wirklich ruhig und gerne umdenken dürfen. Denn auch die Ansprüche unserer Patienten haben sich einfach verändert. Die sind einfach gestiegen und dieser Wohlfühlfaktor soll sie überall hin begleiten.
Ob sie in ein Restaurant gehen, ob sie zum Bäcker gehen, ob sie welche Dienstleistung auch immer in Anspruch nehmen. Sie möchten sich dabei wohlfühlen, sie möchten sich gut aufgehoben fühlen und sie möchten vor allem wahrgenommen werden. Und da liegt eigentlich auch der Stichpunkt persönlicher Service.
Und ich glaube, das kann man mit dieser eigenen Berufsgruppe wirklich gut kreieren im Krankenhaus.
Julia Nogli: Es klingt ja in der Tat nach einem neuen Beruf. Das muss ja eine Kombination sein aus verschiedenen Gewerben. Wie kann man sich das vorstellen?
Stephani Andrich: Mein Team besteht aus ganz vielen verschiedenen Berufen. Aber diese verschiedenen Berufe haben alle eines gemeinsam. Alle Damen kommen aus dem Dienstleistungssektor.
Das sind also viele Gastronomen, viele Restaurantfahrfrauen. Es sind Hotelfahrfrauen dabei. Ich habe Verkäuferinnen dabei.
Ich habe eine Friseurin dabei. Also alle eint der Dienstleistungsgedanke. Und das ist auch sehr, sehr wichtig, wenn man diesen Beruf ausüben möchte.
Denn es ist nicht nur ein Job, es ist wirklich ein Stück Berufung. Und der Servicegedanke impliziert vor allem, dem Wunsch dienen zu wollen. Das ist ganz wichtig.
Ich muss Freude dabei empfinden, jemand anderen einen Wunsch erfüllen zu können. Ich muss Freude dabei empfinden, auf diese Kleinigkeiten zu achten. Das ist ja immer im Leben.
Es sind ja immer die Kleinigkeiten. Wenn ich sehe, dass jemand hinter mir läuft, dann ist es ganz selbstverständlich, dass ich die Tür aufhalte. Darüber brauche ich auch nicht nachdenken.
Das ist einfach selbstverständlich. Grüßen, das ist auch so ein ganz, ganz hoher Stellenwert heutzutage, der ja, ich kann jetzt nur von Berlin ausgehen, eigentlich arg verloren gegangen ist. Oh ja, auch das Tür aufhalten auch.
Ja, absolut. Das wird bei uns im Haus, im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, wirklich gelebt. Und das sage ich eben nicht aus werbetechnischen Gründen, sondern genau das habe ich zum Anfang dort erlebt.
Das hat mich gehalten, das hat mich fasziniert, dass also auch nicht nur diese Berufsgruppe, über die wir heute reden, die Serviceassistenten, sondern alle Berufsgruppen leben das. Das eint uns letztendlich und das nehmen die Patienten wahr.
Julia Nogli: Stephani Andrich, Leitende Serviceassistentin im Immanuel-Klinikum Bernau. Wir sprechen heute über den Wohlfühlfaktor Service im Krankenhaus. Sich als Gast und nicht als Patient fühlen.
Mehr zum Thema gleich in Natürlich gesund, hier bei 98.2 Radio Paradiso. Musik gibt's jetzt von Ronan Keating, When you say nothing at all.
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30 Jahre Exzellenz mit Herz – Jubiläums-Tag des Immanuel Herzzentrums Brandenburg
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes, Chefarzt der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, spricht im Interview auf Radio Paradiso über Möglichkeiten in der modernen Herzchirurgie und Kardiologie und kündigt an, was man alles beim Jubiläums-Tag des Immanuel Herzzentrums Brandenburg am Samstag, 22. April 2023, alles erleben kann.
Julia Nogli
Willkommen hier zu Natürlich gesund bei Radio Paradiso. Mein Name ist Julia Nogli und wir sprechen heute über das Herz im Vorfeld einer sehr besonderen Veranstaltung. Jetzt am Samstag, dem 22.04. heißt es 30 Jahre Exzellenz mit Herz. Jubiläumstag des Immanuel Herzzentrums Brandenburg, sogar mit Live Übertragungen aus dem Herz Operationssaal. Dazu gleich mehr. Experte am Telefon ist Professor Dr. Johannes Albis, Chefarzt der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie. Seit Jahren auch Professor für Kardiochirurgie an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane. Ich grüße Sie.
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Hallo Frau Nogli.
Julia Nogli
Ja, welche OPs oder Eingriffe führen Sie und Ihr Team denn hauptsächlich durch?
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Ja, also wir haben wie jedes Jahr ist ja mittlerweile gute Tradition, sowohl ein Eingriff aus dem Herzkatheter-Labor als auch ein Eingriff aus dem Herz-Operationssaal vorgesehen. Und mein Kollege Professor Butter wird einen Eingriff zeigen, wo es darum geht, die undichte Klappe, die zwischen der rechten Herz Vorkammer und der rechten Herz Hauptkammer liegt, mit einer geeigneten Klappe zu ersetzen. Ein sehr komplexes Verfahren.
Das auch ein bisschen Erklärung bedarf. Aber das hat er alles entsprechend vorbereitet. Und wir werden im Operationssaal etwas zeigen, was für uns etwas ganz Normales, Übliches ist, aber trotzdem für den Zuschauer natürlich von großem Interesse.
Wir werden zeigen, wie man eine Mitralklappe, das ist die Klappe zwischen dem linken, zwischen der linken Kammer und der linken Vorkammer, reparieren kann, sodass sie wieder schlussfähig wird.
Julia Nogli
Sie machen das, hatten Sie ja schon gesagt, jetzt schon traditionell eine Weile. Warum eigentlich? Und wie ist das Interesse?
Es ist ja auch nicht für jeden, was da jetzt so direkt zuzuschauen auf dem Bildschirm, oder?
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Ja, das wird immer wieder gern gefragt. Es ist tatsächlich ja so, dass wir das Ganze seit 2004 machen. Seit 2004 führen wir ja diesen Tag des Herzzentrums durch mit Live-Übertragungen.
Wir haben jetzt nun leider Corona-bedingt in den letzten drei Jahren, 20, 21, 22 Jahren keinen Tag des Herzzentrums machen können, was uns sehr traurig gestimmt hat. Denn wir haben festgestellt, dass die Leute sich sehr dafür interessieren, wenn sie mal einen wirklichen, echten, lebendigen Eindruck von dem sehen, was normalerweise im Verborgenen stattfindet. Also das Eingriff im Herzkatheterlabor und im Herzoperationssaal ja für das allgemeine Publikum nicht präsent sind.
Und wir zeigen ganz, ja, ich würde mal sagen, ein bisschen schonungslos, offen, aber natürlich im Grunde ganz genau das, was wir tagtäglich tun. Nicht mehr und nicht weniger. Und lassen uns dabei über die Schulter schauen.
Und wir haben festgestellt in den Jahren, dass die Leute sich wirklich sehr für interessieren und dass sie das durchaus auch aushalten, dass dort solche Eingriffe durchgeführt werden am offenen Herzen mit Herz-Lungen-Maschine. Ab und an fließt auch Blut und es ist auch zu sehen. Aber das ist nun mal die Realität.
Und das Beste, was man mit der Realität machen kann, ist, sie auch genau so zu zeigen, wie sie stattfindet.
Julia Nogli
Das also jetzt am Samstag beim Tag des Herzzentrums in Bernau bei Berlin. Mehr dazu und zu den Erkrankungen des Herzens und wie man denen vorbeugen kann in wenigen Minuten hier in Natürlich Gesund auf Radio Paradiso. Hier ist Radio Paradiso mit Natürlich Gesund.
Ich bin Julia Nogli. Mein Thema heute 30 Jahre Exzellenz mit Herz. Jubiläumstag des Immanuel Herzzentrums Brandenburg.
Darüber spreche ich mit Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt dort der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie und auch wieder dabei beim Info-Tag am Samstag, sogar mit Live-Übertragungen aus dem Herzoperationssaal. Dort werden zwei typische Eingriffe gezeigt, zum Beispiel die Reparatur einer Herzklappe, die nicht mehr richtig schließt. Es sind ja verschiedene Eingriffe am Herzen möglich, auch per Katheter, also nicht am offenen Herzen.
Warum werden solche Maßnahmen überhaupt nötig? Was passiert da?
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Ja, wir erleben ja in den letzten Jahrzehnten eine erhebliche Zunahme von Herzerkrankungen. Das liegt einfach daran, dass die Menschen mit guter Medizin immer älter werden und ihre altersbedingten Herzkrankheiten, die zum guten Teil auch Abnutzungserscheinungen sind, erleben. Früher starb man vorher schon.
Vor 40, 50 Jahren starb man an einer Herzerkrankung. Heutzutage erlebt man seine Herzerkrankung und dann sind wir Herzspezialisten aufgerufen, diese erfolgreich zu behandeln. Und genau das tun wir.
Julia Nogli
Und wie macht sich sowas bemerkbar dann? Zum Beispiel, wenn an der Klappe da was nicht mehr schließt oder?
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Ja, Schlussunfähigkeiten der Klappe können sich natürlich auf verschiedenste Weise dann im Alltag des Menschen zeigen. Also ein typisches Beispiel zum Beispiel für eine Schlussunfähigkeit der Klappe zwischen der linken Haupt- und linken Vorkammer ist Luftnot. Das ist ganz typisch.
Das Herz pumpt das Blut ja normalerweise von links in den Körper. Und in diesem Falle strömt praktisch bei jedem Schlag Blut zurück und drückt sich zurück in die Lungenstrombahn. Und das führt dann dazu, dass der Patient bei Belastung Luftnot bekommt.
Am Anfang erst bei starker Belastung, sodass das noch nicht richtig wahrgenommen wird, dann bei mittlerer Belastung, sodass sich der Mensch dann denkt, Was habe ich da eigentlich? Was ist denn eigentlich los? Ich konnte früher locker vier Treppen und jetzt gehen gerade noch mal anderthalb.
Und dann irgendwann wird zum Arzt gegangen und der kluge Hausarzt sieht dann natürlich, dass jetzt irgendwas hier nicht stimmt. Überweist zum Herzspezialisten oder zum Kardiologen. Der macht typischerweise dann eine Ultraschalluntersuchung und stellt dann fest.
Aha, wir haben hier eine Klappenschlussunfähigkeit. Und wenn die Klappenschlussunfähigkeit ein bestimmtes Ausmaß überschritten hat, dann muss entweder chirurgisch oder mit Kathetertechnik repariert werden. Und das wird dann gemeinsam besprochen.
Kardiologisch, herzchirurgisch, sodass man dann am Ende des Tages sagt Okay, hier haben wir jetzt das und das. Und wir machen hier zum Beispiel eine Operation oder wir machen etwas Herzkatheter gestütztes oder aber auch, wenn der Patient für beide Maßnahmen zu alt oder zu klapprig oder beides ist. Wir machen hier nur eine spezielle Medikamentöse Therapie.
Auch das geht.
Julia Nogli
Ein ganzes Team entscheidet also gemeinsam darüber, welche OP, welche Therapie am besten passt. Wie lange so etwas dann insgesamt dauert und was Sie noch alles erwartet beim Jubiläumstag des Immanuel Herzzentrums Brandenburg. Dazu gleich mehr hier in der Sendung.
Und schauen Sie gern auch für mehr Infos auf Paradiso.de unter natürlich gesund. Gleich geht's weiter hier bei Radio Paradiso. Schönen Dienstagabend ist natürlich gesund auf Radio Paradiso.
Unser Thema heute 30 Jahre Exzellenz mit Herz Jubiläumstag des Immanuel-Herz-Zentrums Brandenburg. Darüber und über die verschiedenen Eingriffe am Herzen spreche ich mit Professor Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie. Wie lange dauert das alles?
Man hat immer den Eindruck, es geht immer schneller und minimal invasiver, also mit immer kleineren Zugängen zum Operationsgebiet.
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Ja und nein. Ja und nein. Also es ist natürlich heutzutage in den Medien modern zu beschreiben, dass wir in der Medizin heutzutage alles mit nur noch klitzekleinen Schnitten und am besten nur noch mit Katheter und überhaupt in Windeseile zu Wege bringen und dass die Patienten nur wenige Tage im Krankenhaus sind und dann kerngesund nach Hause springen.
Das ist ein bisschen Wunschdenken. Die Wahrheit ist, dass die Menschen, die zu uns kommen, erheblich kranke Menschen sind, die auch schon mit Vorerkrankungen kommen, die wir vor einem Eingriff auch richtiggehend wieder aufmöbeln, aufpäppeln müssen, damit sie dann eine gute Vorbereitung haben für den Eingriff. Und dann gilt es natürlich, dass ein herzchirurgischer Eingriff am offenen Herzen für den Patienten belastender ist als ein kathetergestützter Eingriff.
Aber auch ein kathetergestützter Eingriff braucht exzellente Vorbereitung und braucht entsprechende medikamentöse Vorbehandlung. Und der Patient muss sich dafür qualifizieren. Und wenn die Eingriffe dann also technisch, taktisch gut gelungen sind, heißt das ja noch lange nicht, dass der Patient dann sofort auch wieder nach Hause kann.
Dann muss jetzt erst mal überwacht werden, wie er sich im weiteren Verlauf entwickelt. Er geht erst auf die Intensivstation, dann geht er auf die Wachstation, dann geht er auf die Normalstation. Dann müssen die Medikamente neu justiert werden.
Dann muss die Mobilisation eingeleitet werden. Dann müssen alle Laborwerte betrachtet werden. Es darf nicht zu einer Infektion kommen.
Also alles in allem, wenn wir mal eine aufwendige kathetergestützte Operation am Herzen uns ansehen, dann braucht der Patient, selbst wenn alles total glatt läuft, eine Woche, bis er oder sie wieder nach Hause kann. Und wenn wir ein herzchirurgisches Eingriff auch an den Herzen uns angucken, dann ist selbst mit allerbestem Durchlauf das alles nicht unter 10 bis 14 Tagen zu schaffen.
Julia Nogli
Also es ist ja auch, es ist ja eine größere Sache und es ist wiederum auch toll, dass es diese Möglichkeit gibt. Dennoch höre ich auch bei Ihnen raus, dass man eben das nicht so abtun soll. Naja, wenn da was ist, dann kann ich es ja operieren lassen und alles ist wieder gut, sondern man kann vielleicht auch schon prophylaktisch besser herzgesünder leben.
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Auf jeden Fall. Also es gilt in der Medizin Wir sind keine Autowerkstatt. Ja, also man kommt nicht zu uns und dann rein, rauf, runter, raus und dann 50.000 Kilometer Neuteile Garantie. Dass das so funktioniert, die Medizin nicht. Wir müssen uns allergrößte Gedanken machen, etwas für den Patienten gut hinzubekommen. Und danach muss der Patient auch danach leben.
Ja, das dann gilt, ist, alle Medikamente diszipliniert zu nehmen. Dann gilt es, regelmäßig zum Hausarzt zu gehen. Dann gilt es, regelmäßig zum Kardiologen zu gehen.
Dann gilt es, auf das Gewicht zu achten, auf den Blutdruck zu achten, auf den Blutzucker zu achten, damit das Ergebnis auch dauerhaft hält. Und im Vorfeld jeder Mensch kann Gutes tun, um gar nicht erst in solche Bedrohung zu kommen. Und da gilt dasselbe.
Aufs Gewicht achten, ausreichende Bewegung, den Blutdruck im Griff behalten. Beim Hausarzt die regelmäßigen Untersuchungen machen lassen. Falls sich zum Beispiel eine Zuckerkrankheit entwickelt, diese gut behandeln.
Das sind also alles so Selbstverständlichkeiten. Zu diesen Selbstverständlichkeiten gehört zum Beispiel auch, dass man nicht raucht. Nicht raucht, kann ich gar nicht oft genug sagen.
Dann kann man sehr lange sehr gesund bleiben und entgeht einer schweren Herzerkrankung. Denn es ist ja nicht so, dass die Leute gerne zu uns kommen, sondern sie müssen zu uns kommen. Und am liebsten sieht man ein Krankenhaus von außen.
Da sieht es am schönsten aus.
Julia Nogli
Tja, wichtige Tipps und Hinweise von Professor Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie am Immanuel Herzzentrum Brandenburg in Bernau. Wenn Sie mehr darüber wissen möchten und auch über den Tag der offenen Tür dort jetzt am Samstag, schauen Sie hier auf Paradiso.de Gleich geht's weiter mit Natürlich gesund. Rauchen Sie nicht.
Eine der wichtigsten Vorsorgetipps von Professor Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie. Am Immanuel Herzzentrum Brandenburg. Außerdem Professor für Kardiochirurgie an der Medizinischen Hochschule Brandenburg.
Wir sprechen heute hier bei Radio Paradiso im Vorfeld des Jubiläumstags des Herz Zentrums in Bernau jetzt am Samstag. Denn Gesundheitsvorsorge ist elementar wichtig und auch Information. Sie sagten schon, man kann übrigens auch im Livestream oder eben direkt in Bernau zwei Eingriffe am Herzen mit beobachten.
Bekommt auch einiges erklärt dazu. Was noch findet da statt am Samstag?
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Ja, wir haben natürlich immer so ein Drumherum Programm. Und in diesem Drumherum Programm wollen wir natürlich auch unsere universitäre Medizin aufscheinen lassen. Wir wollen zeigen, wie wir unseren Nachwuchs ausbilden.
Wir wollen natürlich auch den Menschen einen Einblick geben, was zum Beispiel auf der Intensivstation passiert und auf der Wachstation passiert. Also nicht nur was im Operationssaal oder im Herzkatheter passiert, sondern eben auch, wie es dann in den entsprechenden Bereichen weitergeht. Und wir haben natürlich auch noch um diese Live, um das Live-Programm herum haben wir noch aufgebaut Informationsmöglichkeiten zum Thema Zuckerkrankheit, zum Thema Was tue ich bei Notfällen, zum Thema Hygiene, Wundmanagement, also eine ganze Menge Dinge, die zusätzlich auch noch sehr interessant sind.
Julia Nogli
Also gesundheitliche Aufklärung liegt Ihnen da auch am Herzen?
Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Albes
Das ist das Allerwichtigste. Das Schönste wäre, niemand müsste eine schwere Herzoperation haben, weil im Vorfeld das durch entsprechende Prävention oder geeignete kleinere Maßnahmen vermieden worden ist.
Julia Nogli
Ja, und geballte Aufklärung erleben Sie am Samstag von 10 bis 13 Uhr beim Tag des Herzzentrums in Bernau bei Berlin mit Live-Übertragungen sogar aus dem Herzoperationssaal und dem Herzkatheterlabor. Diese sehen Sie auf HD-Großbild-Leinwand im Paulus Pretorius-Gymnasium Lohmühlenstraße 26 in Bernau. Dafür müssen Sie sich nicht anmelden, einfach hingehen.
Oder Sie schauen hier auf Paradiso.de, da gibt es mehr Infos auch zu einem Livestream. Soweit natürlich gesund für heute Abend. Einen wundervollen und entspannten Abend für Sie mit Radio Paradiso.
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Organspende und Transplantation
Bei „Natürlich gesund“ spricht Radiomoderatorin Julia Nogli mit Dr. Georg Fritz, Chefarzt der Abteilung Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie und Transplantationsbeauftragter Arzt, über Fragen, wann ein Mensch seine Organe spenden kann, was es mit dem „Hirntod“ auf sich hat und ob man auch zu Lebzeiten ein Organ spenden kann?
Julia Nogli
Angenehmen Dienstagabend bei Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Mein Name ist Julia Nogli und unser Thema ist heute Organspenden. Warum wir sie so dringend brauchen und was das eigentlich alles im Einzelnen bedeutet.Experte hier im Studio ist Dr. Georg Fritz, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg und auch Transplantationsbeauftragter dort. Hallo erst mal.
Dr. Georg Fritz
Guten Abend, Frau Nogli.
Julia Nogli
Ja, ganz allgemein gefragt, warum sind Organspenden so immens wichtig?
Dr. Georg Fritz
Organspenden retten Leben. Organspenden führen Menschen, die sehr krank sind und versagende Organe haben, wieder zurück in ein normales Leben, schaffen Lebensglück, schaffen Lebensqualität, schenken Leben.
Julia Nogli
Was sind denn das für Erkrankungen, die andere Organe nötig machen?
Dr. Georg Fritz
Nun, das sind Erkrankungen des Herzens. Das sind Erkrankungen, die dazu führen, dass das Herz nicht mehr funktioniert. Das Herz als zentrales Organ des Kreislaufes nach Herzinfarkten oder nach Viruserkrankungen, die die Herzmuskulatur unwiederbringlich zerstören.
Das sind Erkrankungen der Leber, Viruserkrankungen, angeborene Stoffwechselerkrankungen, Fehlbildungen der Leber, besonders bei kleinen Kindern. Das sind Erkrankungen der Niere. Niere ist das meist nachgefragte Organ.
Menschen, die dialysepflichtig sind, die benötigen eine neue Niere, um ein neues Leben beginnen zu können ohne Dialyse.
Julia Nogli
Und das sind ja, das wissen wir, eine ganze Menge Menschen, die auf ein neues Organ warten. Wir müssen ja unterscheiden zwischen Lebend und Totspenden. Also Niere kann auch jemand spenden, der praktisch als Operation noch lebt und selber gut weiterleben mit einer.
Dr. Georg Fritz
Wir sprechen von Lebendspenden. Das betrifft Nieren. Also jeder von uns könnte, weil wir zwei Nieren haben, eine Niere spenden, soweit wir Nieren gesund sind.
Dasselbe gilt für die Leber. Wir können einen Teil, einen Leberlappen, den kleineren Leberlappen, in der Regel den linken Leberlappen, spenden. Für einen Menschen, der dringend eine Leber benötigt.
Und das Verrückte ist, dass die Leber bei uns, die wir gespendet haben, wieder nachwächst. Wenn wir ein Jahr nach der Leberlebensspende ein CT machen bei diesen Spendern, sehen wir, dass die Leber ihre ursprüngliche Größe wieder eingenommen hat.
Julia Nogli
Das ist total erstaunlich. Das wiederum hört man aber oft nur von Angehörigen, dass die Organe spenden.
Dr. Georg Fritz
Richtig. Die Leberlebensspende ist ja streng geregelt. Es soll ja jeder Missbrauch von vornherein ausgeschlossen werden.
Das wird auch streng geprüft, wer denn sich zur Leberlebensspende oder Nierenlebensspende anbietet. Da dürfen keine materiellen Interessen eine Rolle spielen, keine Abhängigkeiten eine Rolle spielen. Die Freiwilligkeit ist ganz entscheidend.
Und dann wird geprüft, ob der potenzielle Spender auch tatsächlich in Frage kommt für den Empfänger. Da geht es ja um Kompatibilität. Das heißt, passt das Transplantat auch zum Organismus des Empfängers?
Julia Nogli
Sie retten Leben oder ermöglichen wieder ein lebenswerteres Leben. Organspenden. Unter welchen Umständen man selbst zum Spender werden könnte, wie das alles organisiert und abgesichert wird.
Das alles hören Sie in ein paar Minuten gleich wieder mehr von Chefarzt Dr. Georg Fritz hier in der Sendung Natürlich Gesund auf Radio Paradiso. Sie hören Radio Paradiso mit Natürlich Gesund. Ich spreche heute mit Dr. Georg Fritz, Chefarzt Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg über Organspenden. Es gibt ja die Lebensspende z.B. einer Niere, denn man hat ja zwei davon oder auch eines Teils der Leber. Das, worüber aber immer wieder und auch aktuell diskutiert wird, ist die Organspende nach dem Tod. Also wenn man hirntot ist.
Welche Organe können da gespendet werden und in welcher Situation ist das überhaupt möglich?
Dr. Georg Fritz
Nun zur Spende, Organspende nach Feststellung der irreversiblen Hirnfunktionsausfall. Das ist jetzt die zu gebrauchende Bezeichnung. Hirntod klingt ja etwas schwierig.
Wir sprechen jetzt vom irreversiblen Hirnfunktionsausfall. Organe, die hierfür in Frage kommen, sind neben der Leber, Niere, Lunge, Herz, aber auch andere Gewebe, die entnommen werden können und transplantiert werden können.
Julia Nogli
Und das ist eher nach einem Unfall oder nach welchem Geschehen für den Spender sozusagen?
Dr. Georg Fritz
Nun, die meisten Organspender, die einen irreversiblen Hirnfunktionsausfall erlitten haben, der dann auch entsprechend nach einem strengen Reglement diagnostiziert werden muss, sind Patienten, die eine sogenannte primäre Hirnschädigung erlitten haben. Das heißt Schlaganfall, Hirnblutung, aber auch, wie Sie das schon benannten, Menschen, die einen Schädel-Hirn-Traum erlitten haben infolge eines Unfalls und so weiter.
Julia Nogli
Und das sind die, die dann hoffentlich, so wie ich persönlich auch, den Organspendeausweis im Portemonnaie haben. Aber viele eben ja nicht und tun sich damit schwer. Warum, denken Sie, ist das so?
Dr. Georg Fritz
Nun, wir sind ja sehr verblüfft, wenn wir in die Zahlen schauen. 84 Prozent aller Bürgerinnen und Bürger geben an, dass sie positiv einer Organspende gegenüberstehen. Wenn man die befragt, Bürger zwischen 14 und 74 Jahren wurden da befragt.
Und wenn man dann schaut, wie viele denn tatsächlich einen Organspendeausweis haben. Die Zahl, der unsere Mitbürger und Mitbürgerinnen, die einen Organspendeausweis mit sich führen, ist ja, Gott sei Dank, glücklicherweise ja gestiegen von irgendwie in den Zahlen von 20 Prozent auf jetzt so 40. Das wird auch noch mal besser.
Stichwort Organspenderegister. Und das ist auch eminent wichtig, dass wir ganz klar schon zu Lebzeiten uns dazu positionieren, wie wir zur Organspende stehen, auch zu unserer eigenen Organspende. Weil wenn wir Patienten, Menschen mit irreversiblem Hirnfunktionsausfall haben, die einen Organspendeausweis haben oder die sonst nachweisbar zu Lebzeiten sich dazu geäußert hatten, Organspenden vornehmen zu lassen, kommt es zur Organspende in 70 Prozent.
Das sind nicht 100 Prozent, weil da scheiden ja auch dann Spende aus, weil die erkrankt sind, Erkrankheiten haben, die eine Organspende verbieten. Finden sich kein Organspendeausweis, sinkt die Zustimmungsrate, weil dann hängt es ja dann an den Angehörigen, der Familie, an den Personen, die übrigens auch ganz klar definiert sind. Wen darf ich fragen als Arzt, ob jetzt der betreffende Patient, die Patientin Organspende ist, dann auf 10 Prozent lediglich nur noch.
Insofern ist es eminent wichtig, dass wir schon zu Lebzeiten uns ganz klar positionieren.
Julia Nogli
Das wird ja auch politisch immer wieder diskutiert. Da gibt es z.B. die Möglichkeit dieser Widerspruchslösung. Ich sollte mich in meinem Leben ausdrücklich damit mal beschäftigen und nur sagen, wenn ich das ausdrücklich nicht will.
Ansonsten bin ich Spender. Ich glaube, in Spanien ist es so, und die haben viel bessere Zahlen, wenn man so will. Was halten Sie davon?
[r. Georg Fritz
Also die sogenannte Widerspruchsregelung, die ja jetzt wieder aktuell diskutiert wird, gibt es ja nicht nur in Spanien, sondern auch in Österreich z.B. Und die Zahlen dort, ob das nun mit der Widerspruchslösung oder Zustimmungslösung zu tun hat, das ist sehr umstritten. Das wissen wir nicht genau. Aber wir wissen ganz genau, dass in Spanien 40 Organspender pro 1 Mio.
Einwohner es gibt. Und bei uns sind es 10, also gerade mal ein Viertel. Das ist traurig niedrig.
Julia Nogli
Sagen Sie mal was zu den Wartelisten, also was am meisten gebraucht wird. Wie lange Patientinnen und Patienten darauf warten? Manchmal ja zu lange, ne?
Dr. Georg Fritz
Im Moment, mit Stand 31.12.2023, das sind die Zahlen der Deutschen Stiftung Organspende, die ja das Organspende-Wesen in Deutschland organisiert und koordiniert, gibt es etwa 8.500 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste. Das sind in der großen Überzahl mit ungefähr 6.500 Patienten Menschen, die auf eine Nierentransplantation warten. Es sind ungefähr 700 Patienten, die auf eine Herztransplantation warten.
870 auf eine Leber, das sind so ungefähr die Größenordnungen. Wartezeiten, manchmal Jahre. Viele Menschen erleben das auch gar nicht, dass sie transplantiert werden.
Die sterben dann auf der Warteliste, weil sie nicht rechtzeitig einer Transplantation zugeführt werden können und weil sie einfach an den Organkomplikationen dann versterben.
Julia Nogli
Organspenden sind also wichtig und es könnte gerne mehr erklärte Bereitschaft dazu geben. Mehr zu diesem Thema in ein paar Minuten hier in natürlich gesund auf Radio Paradiso. Organspende, das ist das Thema heute bei Radio Paradiso in der Sendung natürlich gesund.
Ich bin Julia Nogli und der Experte hier im Studio ist Dr. Georg Fritz, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg und dort auch Transplantationsbeauftragter. Ja, die meisten Bürger stehen einer Organspende äußerst positiv gegenüber, aber nur wenige haben tatsächlich einen Organspendeausweis oder andernorts ihre Bereitschaft dazu erklärt. 8500 Patienten, haben sie uns eben gesagt, sind auf der Warteliste.
Allein 6500 Menschen warten auf eine neue Niere. Wenn es nun aber doch dazu kommt, ist denn so eine Organspende problemlos durchzuführen? Was bedeutet das für den Empfänger?
Dr. Georg Fritz
Die Erfolgsrate der primären Operation ist sehr hoch. Es ist sehr selten, dass eine Operation nicht glückt. Das ist wirklich eine absolute Rarität, dass es chirurgische Probleme gibt oder wie auch immer.
Und dann beginnt die Phase, in der dann das Organ gepflegt werden muss. Das bedeutet, dass da natürlich auch eine Immunreaktion stattfindet. Die meisten aller Patienten müssen jahrelang, ihr ganzes Leben lang sogenannte Immun-Suppressiva einnehmen, können aber ansonsten in der Regel ein normales Leben führen.
Julia Nogli
Was sie eben ja vorher durch die Erkrankung unter Umständen ja natürlich nicht konnten. Nun sind Sie auch Transplantationsbeauftragter in der Klinik. Was bedeutet das?
Was haben Sie da zu tun?
Dr. Georg Fritz
Nun, die Kliniken in Deutschland sind gesetzlich verpflichtet, durch das Transplantationsgesetz, Ärztinnen und Ärzte in der Klinik vorzuhalten, die sich um Transplantation, Organspende und Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls kümmern. Das wird finanziert auch. Diese Personen werden dann auch entsprechend der Größe der Intensivstationen, weil auf den Intensivstationen sind ja dann die potenziellen Organspenderinnen und Organspender.
Gibt es dann entsprechende Freistellungen und so weiter. Und da gibt es ganz klare Verpflichtungen der Kliniken und auch der Transplantationsbeauftragten. Das heißt, wir, diese Transplantationsbeauftragten, müssen jährlich ein Report erstellen für die DSO, wie viele potenzielle Organspender sie betreut haben im Jahr, wie viele tatsächlich einer Organspende zugeführt wurden, was die Gründe sind, dass es nicht zur Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls kam, wenn der Nachweis dann geführt wurde, irreversible Hirnfunktionsausfall, also sprich Hirntod, warum es dann zur Organspende kam oder eben auch nicht, was waren die Abwägungsgründe.
Also das ist ein sehr herausforderndes und komplexes Feld, was natürlich unbedingt notwendig ist, damit wir verstehen, wie die Situation hier im Lande ist und um zu verstehen, wie wir das noch besser machen können.
Julia Nogli
Das klingt nach einer Menge Bürokratie, eben so dieses Organspende-Register, aber das ist eben, sagten Sie ja schon, wichtig. Also hatten Sie diese Situation denn öfter schon, dass es dann jetzt irgendwie möglich ist und man stellt sich das mal so vor, jetzt muss alles ganz schnell gehen, da wird ein Organ dann hintransportiert in irgendeiner Kühlkiste. Also so läuft das dann, ja?
Dr. Georg Fritz
Das ist ein streng vorgegebener Prozess, wie wir zur Organspende gelangen. Zunächst muss ein Patient, eine Patientin identifiziert werden. Da müssen die Alarmglocken schrillen.
Oh, hier ist ein Mensch, der potenziell einen irreversiblen Hirnfunktionsausfall hat. Da müssen bestimmte Eingangskriterien vorliegen. Das heißt, die Patientin darf nicht unterkühlt sein, es dürfen keine Medikamente im Spiel sein, die einen Koma verursachen und so weiter.
Und wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann kommt es dann zur Diagnostik, die dann auch nochmal ganz klar geregelt ist, auch wer das macht. Das kann nicht jeder Arzt machen, das ist ganz klar geregelt. Und wenn dann der irreversible Hirnfunktionsausfall festgestellt ist, gibt es ein klares Prozedere, wie es dann zur Organentnahme kommt.
Auch der Verteilungsprozess, wo gehen die Organe hin, das ist alles streng geregelt. Und transparent nachvollziehbar. Da sind wir ja auch der Öffentlichkeit schuldig, dass wir sagen können, da gibt es Stichwort Organspendeskandal, der uns ja sehr zurückgeworfen hat vor zehn Jahren.
Gibt es ja klare Erwartungen, die auch komplett berechtigt sind der Öffentlichkeit an dieses Prinzip der Organspende.
Julia Nogli
Vertrauen ist ganz wichtig bei diesem Thema. Aber hier ist in den letzten Jahren auch viel erreicht worden. Und natürlich kann man sich auch beraten lassen, wenn man unsicher ist beim Thema Organspende.
Mehr Infos zu Dr. Georg Fritz im Emanuel Klinikum Bernau hier auf paradiso.de in unserer Mediathek. Sie hören natürlich gesund. In wenigen Minuten geht es weiter.
Radio Paradiso mit natürlich gesund. Ich bin Julia Nogli. Wir sprechen heute über die Organspende, die bekanntermaßen Leben retten kann oder wieder ein lebenswerteres Leben ermöglichen kann.
Mein Gast ist Dr. Georg Fritz, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Natürlich gibt es bei der Organspende strenge Voraussetzungen, den irreversiblen Hirnfunktionsausfall. Wie wird der denn diagnostiziert?
Wie erklären Sie zum Beispiel Angehörigen, was das bedeutet?
Dr. Georg Fritz
Die Eingangskriterien sind ganz klar. Ich kann nicht bei einem Patienten, wo ich denke, er hat einen irreversiblen Hirnfunktionsausfall, starten. Zusammen mit einem zweiten, es sind immer zwei Ärzte, die entsprechende Qualifikationen haben müssen.
Insbesondere, die nichts zu tun haben mit der Transplantation selbst. Das ist völlig getrennt. Da dürfen keine Interessenkonflikte vorliegen.
Das sind diese Ausschlusskriterien. Der Patient hat noch Medikamente, die ihn eventuell bewusstlos machen, sedierende Medikamente. Oder die Kreislaufsituation ist nicht ausreichend usw.
Dann kommt es zu dieser klinischen Diagnostik des Hirnfunktionsausfalles. Indem wir prüfen, die Hirnstammreflexe, die Atmung, ist der Atemantrieb noch vorhanden? Das Koma, den Patienten untersuchen.
Dann geht es darum, dass man die Irreversibilität nachweist. Das geht entweder über eine Wartezeit, dass man nach einer bestimmten Zeit, je nachdem, was für eine Hirnschädigung vorliegt, 72-48 Stunden, dann diese Untersuchung wiederholt. Oder durch sogenannte apparative Maßnahmen, apparative Diagnostik, diese Irreversibilität nachweist.
Z.B. ein Nulligen EEG oder eine Angiografie des Gehirns, wo man sieht, da ist kein Blutstrom mehr, kann man diese Irreversibilität ebenfalls nachweisen, ohne die Wartezeit einhalten zu müssen von 72 Stunden.
Julia Nogli
Da kann man vertrauen, das ist ganz klar geregelt. Wollen wir noch mal die positive Seite nach vorne holen? Sie sagten das vorhin.
Es ist ja auch so, wenn Sie im Gespräch mit Angehörigen sind, ein Leben geht, ein anderes wird gerettet. Das ist ja für manche dann sogar ganz gut. Gibt es da manchmal sogar auch Kontakte, dass die Leute sich kennenlernen?
Dr. Georg Fritz
Nein, das ist ganz bewusst nicht vorgesehen. Weil es sollen ja keine Abhängigkeiten vorhanden sein, die irgendwelche Entscheidungen beeinflussen. Es ist so, dass aber jetzt die Angehörigen des Organspenders, der Organspenderin, wenn sie das Wünschen von der Deutschen Stiftung Organspende anonymisiert, also Anonymisierung in Bezug auf den Empfänger, dann noch mal eine Rückmeldung bekommen, ein Dankeschreiben.
Und das halte ich persönlich auch für eine wichtige und gute Sache, dass da noch mal eine Rückmeldung auch stattfindet, weil ein Mensch ist gegangen, ein Angehöriger ist verstorben, aber durch die Organspende hat er Menschenleben gerettet.
Julia Nogli
Also es gibt wirklich viele gute Gründe, einen Organspendeausweis zu haben, sich überhaupt mal da in Ruhe damit zu beschäftigen.
Dr. Georg Fritz
Wir leben ja in Zeiten, in denen wir sehr stark fokussiert sind auf negative Aspekte, alles, was nicht gut funktioniert. Darüber haben wir jetzt ausführlich gesprochen, Frau Nugli, und haben auch aufgezeigt, wie es besser werden könnte. Eine wichtige Botschaft ist natürlich, wir leben in einer Übergangsphase, in einer Transition.
Und ich bin zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen, die da intensiv forschen, Organspende, auch in der Strategie, wie wir Organspende dann nicht mehr benötigen, der Meinung, dass durch Fortschritte in der Medizin wir irgendwann mal zu einem Zeitpunkt X, der in nicht sehr weiter Zukunft liegen wird, Organspende auch nicht mehr benötigen werden. Dass wir dann tatsächlich Organe drucken, Organe durch Stammzellen züchten, und dann werden wir sicherlich auch darüber nicht mehr sprechen müssen. Aber jetzt, Frau Nugli, jetzt sind wir im Jahr 2024, und wir brauchen Organspender, und wir brauchen Menschen, die ihren Organspendeausweis haben, die sich registrieren lassen im Organspende-Register.
Julia Nogli
Noch ist es also wichtig und hilfreich, über das Thema Organspende nachzudenken. Tatsächlich kommt es nur unter sehr besonderen Umständen überhaupt dazu. Mehr zu Dr. Georg Fritz, der auch Transplantationsbeauftragter beim Immanuel Klinikum Bernau ist, hier auf paradiso.de in der Mediathek. Soweit natürlich gesund, bleiben Sie gesund und haben Sie einen entspannten Abend mit Radio Paradiso.
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Intensivmedizin und Schmerztherapie
Dr. med. Georg Fritz, Chefarzt der Abteilung Anästhesiologie, und Katrin Wernecke, Leitende Schwester der Abteilung Anästhesiologie, am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg über die Arbeit auf der Intensivstation.
Julia Nogli: Radio Paradiso mit Natürlich Gesund. Mein Name ist Julia Nogli, Thema heute Intensivmedizin. Experte am Telefon ist heute Dr. Georg Fritz, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Hallo erst mal.
Dr. Georg Fritz: Guten Abend, Frau Nogli.
Julia Nogli: Ja, erst mal allgemein gefragt, was ist Intensivmedizin eigentlich und welche Abstufungen gibt es da?
Dr. Georg Fritz: Intensivmedizin beschreibt den Teil des Klinikums des Krankenhauses, in dem die Patienten versorgt werden, die am kränkesten sind, die eine intensive Überwachung ihrer Herz- und Kreislauffunktion, ihrer Atmungsfunktionen bedürfen. Hier können wir künstliche Beatmung durchführen. Andere Organersatzverfahren wie Dialyse.
Also hier sind die kränksten der Patienten, die eben einer besonders intensiven Therapie und Überwachung bedürfen.
Julia Nogli: Und nun haben wir ja seit einem Jahr nun mittlerweile eine ganz besondere Situation, gerade was Intensivmedizin angeht. Wie man hörte, gibt es da auch dadurch auch noch bestimmte Abstufungen. Was hat das alles für Sie bedeutet für den Standort Bernau?
Dr. Georg Fritz: Vielleicht noch einmal zum Begriff der Abstufung. Ja, in der Tat. Es gibt also einen Ende der Versorgung, eben die Intensivmedizin im eigentlichen Sinne, so wie ich es gerade beschrieben hatte.
Eine Stufe darunter ist die sogenannte Intermediate Care Station. Auch dort können wir Patienten intensiv überwachen. In der Regel sind aber Organersatzverfahren wie eben Beatmung und Ähnliches nicht möglich.
Und dem schließt sich dann eben die Normalstation, wie wir sie ja von unserem Krankenhaus besuchen, üblicherweise auch kennen.
Julia Nogli: Wie viele solcher Plätze haben Sie denn dort in Bernau?
Dr. Georg Fritz: Wir verfügen über 30 Intensivstationsbetten, Plätze, wo wir also wirklich diese klassische Intensivmedizin betreiben können. Und darüber hinaus zum jetzigen Zeitpunkt über 36 sogenannte Intermediate Care Betten.
Julia Nogli: Okay, also was ist dann alles da für Sie angerollt an Veränderungen möglicherweise seit einem Jahr durch die Pandemiesituation?
Dr. Georg Fritz: Wir standen vor der großen Herausforderung, unsere Intermediate Care und Intensivstation aufzuteilen in einen Bereich für Patienten, die mit dem Corona-Virus infiziert waren und sind, also diese Covid-19-Patienten. Und einen Bereich aber noch vorzuhalten für die Patienten, die wir normalerweise auf den Intensivstationen und auf den Intermediate Care-Stationen behandeln. Also Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall, Patienten, die frisch operiert wurden.
Das heißt, wir haben in Bernau, wie auch im Übrigen es geschehen ist in allen anderen Kliniken in Deutschland, eine Aufteilung vorgenommen im Krankenhaus zwischen einem Covid-19-Bereich und einem Nicht-Covid-Bereich.
Julia Nogli: Und mussten Sie da jetzt auch nachrüsten? Ja, offenbar, wenn es jetzt sind ja mehr Plätze geworden und überhaupt diese ganze Aufteilung auch, was die Intensivpfleger und Pflegerinnen angeht?
Dr. Georg Fritz: Nun, diese Trennung in einen Covid-Bereich, Corona-Bereich, Nicht-Corona-Bereich, das erforderte natürlich einen erheblichen logistischen Aufwand. Es mussten Schleusen gebaut werden. Es mussten Bereiche gebaut werden oder vorgehalten werden, in denen dann noch mal ganz besonders strenge krankenhaushygienische Maßnahmen dann auch realisiert werden konnten.
Wir mussten die Teams trennen, weil wir ja dafür Sorge tragen mussten, dass der Arzt, die Ärztin, die Covid-Patienten betreut, nicht auch in einem anderen Teil des Krankenhauses tätig ist. Dasselbe geht natürlich auch für die Krankenschwester, für den Pfleger. Also das heißt, wir mussten die Teams streng aufteilen, um da auch keine Vermischung zu schaffen.
Julia Nogli: Wie für alle Kliniken, vor allem solche mit Intensivmedizin, also ein Ausnahmejahr mit großen Anstrengungen wegen der Pandemie. Details zur Behandlung von Covid-19-Patienten zum sogenannten künstlichen Koma und zur Entwicklung in den letzten Monaten auch gleich mehr von Chefarzt Dr. Georg Fritz hier in Natürlich gesund auf Radio Paradiso. Angenehmen Dienstagabend.
Sie hören Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Mein Name ist Julia Nogli. Ich spreche heute mit Dr. Georg Fritz, Chefarzt Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Unser Thema heute Intensivmedizin allgemein und vor allem auch jetzt in Zeiten der Pandemie. Herr Dr. Fritz, Sie sagten eben, dass Sie auch viele Covid-19-Patienten zu betreuen hatten und haben. Wie sieht da die Behandlung aus?
Was ist zu beachten bei der Betreuung dieser Patienten?
Dr. Georg Fritz: Wir haben ja in den jetzt zwölf Monaten der Pandemie, in den zwölf Monaten Covid-19 enorm viel gelernt. Diese neue Erkrankung ist es ein neues Virus. Es ist auch eine neue Erkrankung.
Und wir wissen jetzt nach zwölf Monaten viel mehr über das Virus. Wir wissen viel mehr über Krankheitsverläufe. Auch Behandlungen haben sich verändert.
Was aber die Pflege angeht, was die intensivmedizinischen, der intensivmedizinische Aufwand angeht, hat sich nichts verändert. Diese Patienten, die mit einer Covid-19-Patientenerkrankung auf der Intensivstation landen, sind sehr, sehr schwer krank, müssen bei über 50 Prozent der Fälle künstlich beatmet werden. Es gibt Patienten, die nur überleben, wenn man sie einem extra korporalen Kreislauf, also eine Art Herz-Lungen-Maschine anschließt.
Das hat sich nicht verändert in den letzten elf, zwölf Monaten.
Julia Nogli: Wenn ich mal jetzt als Laie nachfragen kann, warum muss man zum Beispiel dieses sogenannte künstliche Koma oft nutzen, was ja auch nicht ohne Nachwirkung manchmal für die Patienten ist? Was bedeutet das eigentlich?
Dr. Georg Fritz: Es gibt Situationen, in denen wir Patienten künstlich beatmen müssen, weil die eigene Lunge nicht mehr sicherstellen kann, dass genug Sauerstoff aufgenommen wird und auch das Kohlendioxid abgeatmet wird. Das heißt, wir müssen den Patienten künstlich beatmen. Wir müssen ihn intubieren.
Das heißt, es wird ein Beatmungsschlauch in die Luftröhre eingeführt und der Patient wird an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Das geschieht unter einer Art Narkose oder Sedierung, wie wir das nennen. Und es ist erforderlich, dass der Patient ohne Stress, ohne Angst, ohne Schmerzen diese Prozedur übersteht und dann auch gut mit dem Beatmungsgerät synchronisiert ist.
Mit der Zeit werden wir dann über den kommenden Tage wird dann diese Art der Sedierung dieser Narkose immer wieder neu angepasst. Und wir versuchen, den Patienten möglichst wach, aber wie gesagt, schmerz- und stressfrei zu halten, damit er diese Form der Beatmung dann auch gut erträgt.
Julia Nogli: Mehr auch zu diesem Thema Sedierung und Beatmung in wenigen Minuten hier in der Sendung Natürlich gesund auf Radio Paradiso. Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Thema heute Intensivmedizin, vor allem auch in Zeiten der Pandemie.
Experte am Telefon ist heute Dr. Georg Fritz, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Sie haben eben erläutert, über 50 Prozent der schwer an Covid-19 Erkrankten müssen künstlich beatmet werden. Nun hört man manchmal, das muss so lange sein, wochenlang.
Das ist dann nicht so gut, oder? Aber dann nicht zu vermeiden, oder?
Dr. Georg Fritz: Wir versuchen, diese Phase, in der wir den Patienten sedieren müssen, möglichst kurz zu halten, weil sie sagten es ja schon in ihrer Frage. Zu befürchten ist, dass über eine eine Sedierung, über eine längere Zeit dann auch sich so etwas entwickelt, dann wie ein Delir mit Albträumen, Verwirrtheitszuständen. Deswegen versuchen wir, diese Phase der Sedierung möglichst kurz zu halten.
Das gelingt uns dann auch dadurch, dass wir den Patienten möglichst rasch vom Beatmungsgerät wieder entwöhnen. Und wenn das nicht gelingt, dann werden wir den Beatmungsschlauch, der zunächst sich über den Mund in der Luftröhre befand, dann zu verlagern direkt in die Luftröhre über einen kleinen Zugang am Hals.
Julia Nogli: Ah ja, okay. Und warum werden die Patienten mit Covid-19 oft auf den Bauch gedreht? Was hat das für eine Bedeutung?
Dr. Georg Fritz: Wir haben die Erfahrung gemacht in den letzten Jahren und Jahrzehnten, dass Patienten mit einer schweren Lungenschädigung davon sehr gut profitieren, wenn sie in Bauchlage beatmet werden. Das führt dazu, dass auch die Lungenabschnitte, die sonst nicht so gut beatmet sind, nämlich die in die rückwärtigen Lungenabschnitte, wenn sie in der Rückenlage, so liegen wir ja normalerweise im Bett, minder belüftet sind, dann in Bauchlage doch noch mal besser belüftet werden. Und wir also Lungenbereiche, Lungenbezirke, dann noch mal besser belüften, die vorher eben minder belüftet waren.
Bauchlagerung. Und die Erfahrung der letzten Monate hat gezeigt, dass besonders Covid-19-Patienten ausnehmend gut in der Regel davon profitieren, wenn wir sie in Bauchlage beatmen.
Julia Nogli: Und dafür einige Druckstellen oder sowas in Kauf nehmen müssen, beziehungsweise das stelle ich mir auch intensiv vor, schon allein jemanden umzudrehen, der vielleicht auch übergewichtig ist. Da braucht man ja auch mehrere Leute dafür, oder?
Dr. Georg Fritz: Die Bauchlagerung, die Umlagerung von der Rücken- in die Bauchlage, bedarf eines guten Teamworks. Da müssen mindestens vier bis fünf eingespielte Krankenpfleger und ein Arzt dabei sein, damit der Patient dann in einem geordneten und sicheren Manöver in die Bauchlage verbracht werden kann. Er muss gut gelagert werden, Stichwort Druckstellen, Stichwort dann Schädigungen eben durch die Bauchlage.
Das kann man sehr gut verhindern mit modernen Lagerungstechniken, mit Hilfsmitteln, entsprechenden Lagerungskissen und so weiter.
Julia Nogli: Sie hören Natürlich gesund heute mit dem Thema Intensivmedizin allgemein und vor allem in der Corona-Pandemie. In ein paar Minuten geht es weiter hier in Natürlich gesund. Mehr Infos zu Dr. Georg Fritz auch hier auf Paradiso.de zum Nachlesen in unserer Mediathek. Radio Paradiso mit Natürlich gesund. Ich bin Julia Nogli. Wir sprechen heute über Intensivmedizin allgemein und vor allem auch in der Corona-Pandemie.
Experte am Telefon ist Dr. Georg Fritz, Chefarzt der Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie im Immanuel Klinikum Bernau, Herzzentrum Brandenburg. Ja, in der Tat ein Ausnahmejahr und das ist leider ja auch noch nicht vorbei. Wie sind Sie so und Ihre Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen natürlich auch, wie können Sie das so in etwa zusammenfassen, dieses sehr schwere letzte Jahr?
Dr. Georg Fritz: Nun, wir haben ja eine interessante Entwicklung durchgemacht in den letzten zwölf Monaten. Zum einen haben wir sehr viel gelernt. Zum anderen wurden wir dann zunächst als Intensivmediziner in Pflege und im ärztlichen Bereich im März und April als Helden gefeiert.
Es gab Beifallskundgebungen in den Straßen, in den Balkonen und jetzt, wo die zweite Welle da ist, wo wir in Brandenburg viermal so viele Intensivpatienten hatten Anfang Januar als in der ersten Welle im März und April und in Berlin dreimal so viele als bei der ersten Welle vor einem Monat. Da hat sich das so ein bisschen gewandelt. Wir müssen jetzt viel mehr kämpfen damit, dass wir uns weiterhin gut aufstellen, die Motivation bewahren, immer wieder auch Gespräche aushalten müssen mit Familien, wenn es darum geht, wie gehen wir damit um, Besuchsverbot.
All das sind Dinge, die jetzt doch mehr so auf der Agenda sind als vielleicht dann noch vor zehn Monaten, als die Intensivstationen noch die Helden waren.
Julia Nogli: Also da bedanke ich mich sehr. Das ist eine sehr interessante Sendung, finde ich. Ich kann Ihnen da nur weiterhin viel Erfolg und Gutes durchhalten, vor allen Dingen auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Es sind ja sehr viele dort bei Ihnen vor Ort wünschen und uns allen natürlich, dass das irgendwann jetzt doch mal alles wieder abflaut.
Dr. Georg Fritz: Wir sind guter Dinge, dass die Pandemie sich irgendwann auch dem Ende wieder zuneigen wird. Stichwort Impfung, Stichwort wir sehen jetzt gute Effekte, auch das Lockdown. Wir wissen, wie hart das ist für viele Familien, für viele Menschen, die ihrem Beruf nicht so nachgehen können oder sogar vielleicht ihre Stelle verloren haben.
Gewerbetreibende, die Wirtschaft. Aber für uns in den Krankenhäusern ist es ganz wichtig, dass wir jetzt auch mit guten und wohlüberlegten und wohl auch manch harten Maßnahmen sehen, dass die Infektionszahlen zurückgehen. Das führt zu einer deutlichen Entlastung bei uns in den Krankenhäusern und insbesondere auf den Intensivstationen.
Dafür sind wir sehr dankbar.
Julia Nogli: Denn nicht zu vergessen auch die anderen Krankheiten wie schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die gibt es ja natürlich auch weiterhin. Und auch hier werden sie optimal versorgt und behandelt trotz Corona.
Wie alle Ärztinnen und Ärzte mahnt auch Dr. Georg Fritz, sich auch mit solchen Beschwerden oder auch schon bekannten Erkrankungen in Behandlung zu begeben, wenn es nötig ist. Mehr zu Dr. Georg Fritz auch hier auf Paradiso.de Soweit Natürlich gesund. Bleiben Sie gesund und haben Sie einen entspannten Abend mit Radio Paradiso.
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Minimalinvasive Eingriffe mit großer Wirkung
Prof. Dr. med. Christian Butter, Chefarzt der Abteilung Kardiologie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über häufige Herzerkrankungen und deren Behandlung.
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Neue Berufsgruppe der Serviceassistenten
Stephani Andrich, Leitende Serviceassistentin am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über die neue Berufsgruppe der Serviceassistenten.
Julia Nogli: Radio Paradiso mit dem Magazin Natürlich Gesund. Mein Name ist Julia Nogli und Gast im Studio ist Stephani Andrich, leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau. Mit ihr spreche ich über die wachsende Bedeutung von Service im Krankenhaus, entlastet die Pflegekräfte und gibt den Patienten ein gutes Gefühl.
Manche sagen sogar eher wie im Hotel als in der Klinik. Frau Andrich, Sie sagten vorhin, die Serviceassistenten kommen tatsächlich auch oft ursprünglich aus der Hotellerie oder der Gastronomie. Müssen sie denn noch eine spezielle Fortbildung machen?
Stephani Andrich: Es werden Fortbildungen auch direkt zur Serviceassistentin angeboten, prinzipiell. Es ist aber auch so, wenn sie Leute aus diesen Berufen haben, müssen sie verschiedene Sachen gar nicht mehr erklären. Das sind diese Kleinigkeiten, von denen ich eben geredet habe.
Diese Art der Höflichkeit, die einfach selbstverständlich ist. Sehen, wann jemand einen Wunsch hat. Wenn jemand auf dem Flur steht und umherschaut und verunsichert wirkt, dann ist doch die Frage, die ich stelle, ganz klar.
Wie kann ich Ihnen helfen? Und dementsprechend gibt es natürlich aber auch bei uns im Hause immer wieder weiterführende Schulungen. Das ist uns auch wichtig.
Wenn wir Service performen wollen, müssen wir uns auch dessen bewusst sein. Was ist Kommunikation? Das ist ein sehr breit gefächerter Begriff, der aber sehr wichtig ist.
Wenn ich mit jedem Menschen auf verschiedene Art kommunizieren muss, aber auch möchte, dann muss ich das natürlich auch ein Stück weit immer wieder neu lernen oder die Sachen, die man eigentlich schon weiß, immer wieder mal hochholen. Und wir haben jetzt eine sehr große Schulungsreihe veranstaltet über mehrere Monate für alle angrenzenden Berufsgruppen, die also im Patienten- und Kundenkontakt stehen, wo eben dieses Thema absolut im Mittelpunkt stand. Und ich glaube, solche Dinge sind ganz wichtig.
Darüber hinaus sind es aber eben auch Themen wie Verkaufsschulungen. Das hört sich ganz groß an, sind aber diese Kleinigkeiten. Wie bekomme ich denn, Zeit ist knapp, immer in jedem Beruf, wie bekomme ich denn schnellstmöglich heraus, was der Patient sich wünscht für morgen und ihm dabei noch ein gutes Gefühl zu geben von hoher Beratungsqualität?
Wie stelle ich diese Fragen? Das ist so eine Sache von offener oder geschlossener Frage. Kann ich eine Frage nur mit Ja oder Nein beantworten?
Julia Nogli: Ja, kennen wir bei Radio auch.
Stephani Andrich: Ungünstig bei Umfragen. Absolut. Ich bekomme einfach nicht so schnell eine Antwort und kriege sicherlich auch nicht den Wunsch des Patienten raus.
Natürlich auch. Die Patienten liegen ja nicht bei uns, weil sie eine schöne Zeit haben wollen. Ja, denen geht es einfach nicht gut.
Sie sind verunsichert. Sie haben mit Ängsten zu kämpfen. Und da muss man einsteigen.
In diese Materie muss man einsteigen und sich auch den Patienten dort an der Stelle auch ein Stück weit abholen. Und das besprechen wir regelmäßig. Das besprechen wir auch regelmäßig in unseren Team-Meetings, wo wir also auch unsere Erfahrungen untereinander austauschen.
Und das funktioniert gut. Und ich habe das große Glück, ein sehr gutes Team zu haben, ein sehr engagiertes Team zu haben, die sich also auch wir wollen uns stetig weiterentwickeln. Und das merkt man auch.
Und das spürt letztendlich einfach eben auch der Patient. Klingt nach einem tollen Job. Wenn jetzt jemand sowas sucht, suchen Sie dann noch Leute?
Es ist natürlich so, dass es in dieser Berufsgruppe immer wieder mal Bewegung gibt. Dadurch, dass es sehr frauenlastig ist, sage ich mal.
Julia Nogli: Ich hätte gerne mal einen Mann im Team, einen Arzt-Assistenten.
Stephani Andrich: Das Glück hatte ich bisher noch nicht. Die eine Dame wird schwanger und bekommt ein Kind. Die nächste Dame hat eventuell ein sehr gutes Angebot bei sich gleich in der Nähe, sodass der Arbeitsweg sehr viel kürzer ist.
Somit habe ich natürlich immer wieder mal ein bisschen Bewegung drin. Also es ist schon so, dass man streckenweise man kann sich sehr gerne bei uns bewerben. Ich freue mich über jede Bewerbung.
Und man muss aber natürlich auch schauen. Das Profil schauen wir uns sehr genau an. Man muss diesen Service-Gedanken mitbringen.
Also ich glaube, das ist auch ganz wichtig. Sonst wird man krank in diesem Beruf. Da bleibt man nicht gesund bei.
Wie ich eingangs schon sagte, man muss gern dienen wollen. Es ist wichtig, Freude dabei zu empfinden, Wünsche zu erfüllen. Und das ist auch eine Sache, die kann man nicht beibringen.
Die bringt man mit. Das Herz dafür bringt man mit.
Julia Nogli: Und auch so eine Menschenfreundlichkeit einfach. Denn der Patient, der im Krankenhaus liegt, ist noch mal was anderes als der Kunde, der nicht so ganz normal, der noch in den Laden kommt oder so. Das ist auch noch mal ein Unterschied.
Ja, es sind mehrere Prämissen darüber hinaus zu betrachten.
Stephani Andrich: Aber es ist auch schön, Frau Nogli. Das sage ich auch immer wieder. Wir dürfen unsere Patienten bitte ruhig als Gäste betrachten.
Ja, wir geben ihnen dadurch nämlich nicht zusätzlich das Gefühl, sie sind krank. Ja, sondern wir geben ihnen das Gefühl. Fühlen Sie sich einfach wohl.
Lassen Sie sich feilen. Sie sind bei uns gut aufgehoben. Genau.
Sie sind jetzt hier eine Zeit lang und richtig. Und wir machen jetzt einfach das Beste draus. Genau.
Julia Nogli: Stephanie Andrich ist leitende Serviceassistentin im Immanuel Klinikum Bernau. Ja, und dieser verbesserte Service und das neue Berufsbild der Serviceassistentin, das war unser Thema hier bei Natürlich gesund auf 98.2 Radio Paradiso.
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Adipositas, Ernährung & Verstopfung bei Kindern- und Jugendlichen
Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes – Kinder leiden zunehmend unter ernährungsbedingten Problemen. Dr. Renate Turan, Leitende Oberärztin der Abteilung Kinder- und Jugendmedizin am Immanuel Klinikum Bernau, erklärt in der Sendung „Natürlich gesund“, wie frühe Hilfe, Bewegung und Familientherapie wirken – und warum auch Verstopfung ernst genommen werden sollte.
Julia Nogli
Sie sind bei Radio Paradiso mit der Sendung Natürlich gesund. Mein Name ist Julia Nogli und wir sprechen heute über ein großes Thema aus der Kinderheilkunde Adipositas Ernährung und Verstopfung. Expertin und Gast im Studio ist Dr. Renate Turan, leitende Oberärztin der Abteilung Pädiatrie, also Kinder- und Jugendmedizin im Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg. Hallo erst mal. Ich grüße Sie.
Dr. Renate Turan
Hallo. Vielen Dank für die Einladung.
Julia Nogli
Sehr gerne. Diese Abteilung, das ist sicher ganz schön viel, was das umfasst. Was genau bieten Sie dann dort alles?
Dr. Renate Turan
Wir haben eine Station mit ungefähr zwölf Betten und betreuen alle Kinder vom Neugeborenenalter bis zum 18. Lebensjahr.
Und zusätzlich haben wir das große Glück, dass wir, da wir in der Hochschule angebunden sind, eine Hochschulambulanz haben. Und dort sehen wir eben häufig Patienten, die etwas komplexer sind oder wo die niedergelassenen Kinderärzte eine Zweitmeinung wünschen oder auch Eltern, die gerne noch mal eine Zweitmeinung haben möchten. Und im Rahmen dessen sehen wir eben zunehmend viele Kinder, die Gewichtsprobleme haben oder die sehr viel mit Verstopfung zu kämpfen haben, sodass ich denke, dass das ein Thema ist, was wirklich sehr breit gestreut besprochen werden kann.
Julia Nogli
Ja, deswegen hatten Sie das im Vorfeld vorgeschlagen. Finde ich gut. Genau.
Sie beobachten das sozusagen. Und das ist ja nicht nur vielleicht nicht schön, sondern eben auf jeden Fall auch ein gesundheitlicher Aspekt. Also wenn ein Kind schon übergewichtig ist und es ist eben nicht so, dass man sagen kann, das verwächst sich und so, sondern man muss da aufpassen.
Dr. Renate Turan
Ja, vor allem genau das mit dem Verwachsenen, da haben Sie den richtigen Nerv getroffen, denn die Kinder wachsen ja noch. Das bedeutet, wenn man da frühzeitig versucht zu intervenieren, dann wachsen die Kinder aus ihrem Gewicht raus. Also das heißt, unser Ziel ist nicht eine Gewichtsabnahme, eine Reduktion, wie es bei den Erwachsenen wäre, sondern uns reicht völlig aus, wenn die Kinder nicht mehr zunehmen, denn die wachsen ja dann einfach weiter, sodass das Gewicht sich dann normalisiert aufgrund des Wachstums.
Und das ist unser großes Plus, was wir haben. Man muss einfach nur da frühzeitig einhacken.
Julia Nogli
Genau, das ist ein ganz anderer Herangehensweise als beim Erwachsenen, der dann irgendeine Diät, eine Ernährungsumstellung, also das sicher sowieso auch oder ein bisschen nachher zum Magenband oder so weiter, das sind ganz andere Geschichten.
Hier geht es darum, ja, Lebenswandel auch hier schon, Ernährung.
Dr. Renate Turan
Definitiv, ja.
Julia Nogli
Und was sind da die Tipps?
Dr. Renate Turan
Vor allem einmal Ernährung. Also wie Sie es schon gesagt haben, wir sehen ganz häufig, dass viel fertig verarbeitetes Essen gegessen wird in den Familien aufgrund von Zeitmangel. Und natürlich ist es so, dass es schwierig ist, heutzutage alles unter einen Hut zu bringen.
Aber da muss man noch mal ein bisschen den Fokus darauf richten, dass frisch gekochtes Essen, viel Gemüse, viel vollwertige Kost einfach wichtig sind, damit alles gut funktioniert. Und wenn man sich vorstellt, wenn ein Kind wächst, dann wir werden ja mehr. Also wir legen nicht nur an Gewicht zu, sondern wir unsere Knochen wachsen, unsere Muskeln wachsen.
Alles, was da an Material dazu kommt, das erhalten wir aus unserer Ernährung. Und wenn wir uns Gutes zuführen, dann kommt am Schluss was Gutes dabei raus. Das bedeutet, wir müssen da eben gucken, dass wir da noch ein bisschen schulen und da familiär betreuen.
Denn das Kind, das Fünfjährige, kocht sich ja das Essen nicht selber. Das heißt, wir machen in dem Fall tatsächlich eher eine Beratung der gesamten Familie, weil das dann einfach dazugehört. Man kann nicht dem Fünfjährigen dann sagen, du kriegst heute nur einen Salat und der Rest ist Pommes.
Also es funktioniert natürlich nicht. Da haken wir einmal ein, dann haben wir die Bewegung, die super wichtig ist, dass man eben nicht den ganzen Tag am Fernseher sitzt oder am Handy oder am Laptop, dass man die Screen-Zeiten reduziert, dass die Kinder rausgehen, Sportangebote wahrnehmen, auch ländlich. Da gibt es ja viele Vereine.
Und solche Dinge sprechen wir mit den Familien durch und versuchen sie eben da auf den richtigen Weg zu lenken. Und dann sehen wir die immer wieder und versuchen eben immer noch an kleineren Schrauben zu justieren.
Julia Nogli
Also das ist ja wirklich eine richtige Begleitung. Wird sowas dann auch übernommen von Krankenkassen?
Dr. Renate Turan
Ja, das ist eben der große Vorteil, dass wir diese Hochschulambulanz haben, dass wir das über diese Hochschulambulanz machen können. Eigentlich gibt es sogar wundervolle Programme für adipöse Kinder.
Auch in Berlin gibt es zwei Kliniken, die das anbieten. Aber die sind einfach immer überlaufen, weil die Anzahl der Kinder so massiv zugenommen hat, auch durch Corona, weil man da viel Bewegungsmangel hatte und einfach die Zeit so verrückt und anders war, dass diese Programme alle so voll sind, dass wir die nicht unterkriegen. Und das ist auch der Grund, warum wir dieses Programm bei uns mit aufgenommen haben, weil wir die Kinder einfach irgendwie unterstützen möchten, die da keinen Platz kriegen.
Aber da gehört eben die große Bandbreite dazu. Es reicht nicht, nur einen Termin zu machen und dann läuft das alles, sondern man muss sie immer wieder sehen und immer wieder gucken, dass man sie unterstützt.
Julia Nogli
Welche gesundheitlichen Folgen hätten die Kinder sonst oder haben sie schon?
Dr. Renate Turan
Also da sehen wir tatsächlich auch schon wirklich kranke Teenies und kranke Kinder, die Bluthochdruck haben, die Veränderungen am Augenhintergrund haben. Zum Teil fallen die eben auch in den Vorsorgeuntersuchungen auf. Also gerade die Teenies, wenn die zur J-Untersuchung gehen zum Kinderarzt und er misst den Blutdruck, dann kommen die zu uns und kriegen dann eben Langzeit-Blutdruckmessungen.
Und wir gucken, woher kommt das? Und in den allermeisten Fällen ist das einfach das Übergewicht. Und mit denen muss man dann sprechen, dass das so schwierig ist.
Wenn man jetzt schon irgendwie mit 13, 14 Jahren so schlechte Werte hat, dann ist das einfach für den Körper mit 30, dann ist der wie ein 60-Jähriger. Und dann ist das problematisch. Und da muss man auch ehrliche Worte finden.
Natürlich bespricht man es mit einem 13-Jährigen oder 15-Jährigen anders als mit einem 5-Jährigen. Da muss man auch ein bisschen quasi sich anpassen an das Alter des Kindes. Aber das ist schon sehr relevant und wir sehen das wirklich häufig und viel.
Julia Nogli
Auch Diabetes?
Dr. Renate Turan
So Diabetes-Vorformen sehen wir ab und zu, dass wir eben gucken und sehen, dass der Blutzuckerspiegel schon erhöht ist. Die knacken dann diese Diabetes-Werte noch nicht, die die Erwachsenen haben.
Aber da muss man auch aufpassen. Also das ist durchaus auch möglich.
Julia Nogli
Ist es denn, könnt ich mir vorstellen, nicht immer so ganz leicht, mit den Eltern zu sprechen, da überhaupt erst mal so abzufragen?
Was essen sie denn so? Was kommt bei ihnen auf den Tisch? Da ist dann bestimmt auch viel Scham.
Da wird vielleicht auch nicht gesagt, wie oft es eben doch Spaghetti-Pommes-Pizza sind. Oft sind die Eltern ja selber übergewichtig. Das sieht man ja auch oft.
Und ich glaube, dadurch haben sie auch eine größere Toleranz. Dann ist das Kind eben ja so wie wir. Wir sind alle ein bisschen dicker.
Dr. Renate Turan
Definitiv. Das ist das große Problem, dass das eben ein familiäres Problem ist. Ganz häufig.
Wir haben super selten Kinder, wo es eben nur das eine Kind betrifft. Das gibt es manchmal auch, wenn die irgendwelche psychologischen Faktoren haben, die mit einer Rolle spielen. Mobbing zum Beispiel.
Dann kann es sein, dass es nur das Kind ist. Aber in aller Regel ist es tatsächlich die gesamte Familie. Und da muss man eben auch bei den Eltern anfangen.
Und es ist nicht nur die Scham das Problem, sondern auch, dass man gucken muss, dass die Leute auch ehrlich sind. Also wir müssen ihnen vermitteln, dass es nichts bringt, wenn sie uns anschwindeln. Denn wir können nur an den Stellen einhaken, die wir besprechen, die wir sehen.
Wenn sie uns etwas aktiv verheimlichen, dann können wir das Problem natürlich nicht angehen. Aber das ist dann durchaus das Problem. Also wir sehen, dass das bei den Eltern schon anfängt.
Und das hat ein bisschen auch mit dem sozioökonomischen Status zu tun. Leider dass in Familien, wo das nicht so bewusst ist, was Ernährung für eine Rolle spielt, dass das da einfach noch ein bisschen schwieriger ist, das zu erklären.
Julia Nogli
Sie würden sich sicher auch wünschen, dass es ein Schulfach wäre.
Dr. Renate Turan
Hundertprozentig. Also ein Schulfach zur Ernährung und auch zu dem, wie man einkaufen geht. Oft würde ich mir wünschen, wenn ich einkaufen gehe und ich sehe in diesen Einkaufswagen bei der Familie nebenan und dann gucke ich da rein und denke mir, um Gottes willen, dann würde ich denen einfach gerne mal zeigen.
Jetzt gucken Sie mal, wie viele Kalorien diese Kekse haben. Oder warum kaufen Sie jetzt genau die Vollmilch, wenn es jetzt vielleicht auch die fettarme täte? So.
Also natürlich muss man nicht immer auf irgendwelche super kalorienreduzierten Fake-Dinge reinfallen, die man so findet im Laden. Aber natürlich muss man schon auch gucken, was man den Kindern kauft. Und man sagt so als groben Daumen-Richtwert 10 Prozent der Nahrung am Tag darf durch Süßigkeiten sein.
Und das ist bei einem kleineren Kind einfach schon eine Kugel Eis und ein Butterkeks. Dann ist das nicht die ganze Packung Chips. Das ist viel zu viel.
Und die wissen oft gar nicht, wie viele Kalorien dahinter stecken. Die gucken sich diese Verpackungen nicht an. Natürlich muss man schummeln.
Julia Nogli
Die schummeln ja auch.
Ja, also das ist. Nun hat ja Essen auch viel mit Psychologie zu tun, mit Gewohnheit auch. Und ich denke mal, je älter die Kinder dann sind, desto mehr ist der Geschmack natürlich schon ausgerichtet auf salzig süß.
Das kennt man ja selber auch so ein bisschen. Total. Und das ist auch gar nicht so einfach, dann da umzusteuern.
Dr. Renate Turan
Nee, überhaupt nicht. Und das Witzige ist, dass es sogar Studien gibt, die belegen, dass sogar schon im Mutterleib der Geschmackssinn dargeprägt wird, dass wenn eine Mama viel salzig ist während der Schwangerschaft, die Kinder eher an Salziges gewöhnt sind, weil das Fruchtwasser dann schon einen anderen Flavor hat. So kann man sich das vorstellen.
Und das ist schon auch so, dass man dann später gucken muss, in welche Richtung die Reise geht. Also da hat einfach auch, leider heutzutage muss man sagen, haben auch wir als Gesellschaft eine große Verantwortung. Früher war es so, dass die Kinder lange zu Hause waren und die Mütter Hausfrauen.
Und dann hatte man die Zeit. Das ist nicht mehr so. Das bedeutet, wenn die Kinder in die Kita, in die Grundschule oder Schule gehen, haben wir schon auch da die Verantwortung, den Kindern Bewusstsein mitzugeben für die Ernährung, für die Bewegung, für den Körper, dass man später einfach nicht mit 60 sich nicht mehr bewegen kann.
Julia Nogli
Ja, das kann man ja nicht wollen. Und wie gesagt, es ist ja auch optisch nicht schön. Also und es müsste dann irgendwann ja mal auch Klick machen, vielleicht sogar eher bei den Mädchen, dass es ja natürlich auch schöner ist, wenn man wieder schlanker wird, sich wieder normaler fühlen kann, weil sie wissen das ja auch.
Dr. Renate Turan
Das stimmt, wobei man sagen muss, dass wir mittlerweile eine sehr große Curvy Generation haben, die einfach sagt, es ist auch schön, wenn man weiblich ist und gegen Weiblichkeit ist auch überhaupt nicht einzuwenden, solange man, solange man irgendwie gesund ist dabei. Also es gibt auch Frauen, die weiblich sind und sich trotzdem gut bewegen können und die im Zweifel einen Marathon laufen.
Julia Nogli
Das sieht man manchmal.
Dr. Renate Turan
Das ist überhaupt nicht das Problem. Man hat auch ein bisschen eine genetische Ausstattung mit. Also ob jetzt jemand dazu veranlagt, ist eher viel zu verbrennen oder weniger.
Aber das Gesamtkonzept muss stimmen und das Bewusstsein muss da sein. Und wenn man das von zu Hause nicht mitkriegt, dann muss es eben irgendwo anders vermittelt werden.
Julia Nogli
Und wie läuft dann sowas ab?
Ich nehme an, das Erstberatungsgespräch ist recht lang und dann gibt es ein paar Folgetermine. Aber Sie können ja nun nicht für immer begleiten.
Dr. Renate Turan
Nee, wir begleiten, es geht nicht für immer.
Aber wir sehen schon, wenn es in die richtige Richtung geht, dann kann man das ein bisschen reduzieren. Aber so im Schnitt sieht man sich einmal und dann guckt man, wie dramatisch die Situation ist. Und dann entscheidet man, ob der Folgetermin in einem Monat ist oder in zwei Monaten.
Und wir hatten jetzt letzte Woche den Fall, wo wir sehr positiv überrascht waren, weil der Patient nicht nur sein Gewicht gehalten hat, sondern eben 700 Gramm abgenommen hat, was super ist. Ja, und dann natürlich, wenn so ein Patient wiederkommt, dann bespricht man das mit dem und freut sich darüber und versucht, das Positive rauszuarbeiten. Der hat in dem Fall vielleicht jetzt nicht alles umgesetzt, was wir besprochen haben.
Aber dann reitet man natürlich nicht auf den zwei Punkten rum, die er nicht umgesetzt hat, sondern freut sich darüber, dass das andere so gut funktioniert. Dann motiviert man die Patienten und wenn die sehen, dass es in die richtige Richtung geht, die nehmen ab, die bewegen sich mehr, ihnen geht es besser, dann funktioniert das auch von alleine einfach deutlich besser.
Julia Nogli
Das spiegeln die auch, die jungen Menschen, dass es ihnen wirklich auch besser geht, dass sie mehr Energie haben.
Dr. Renate Turan
Ja, natürlich. Ich meine, es ist ja oft auch ein Mobbing-Faktor, muss man sagen, bei diesen Patienten, die dann einfach so unglaublich dick sind, dass es für sie schwierig ist. Dann vergräbt man sich ins eigene Zimmer und dann kommt man gar nicht mehr raus.
Und so hat man dann einen Teufelskreis.
Julia Nogli
Sie hatten vorhin schon Screen-Time angesprochen, also dieses, wie oft bin ich, wie viel am Handy. Das ist ja, denkt man, ein anderes Problem, aber es spielt hier mit rein.
Dr. Renate Turan
Natürlich, natürlich, weil wir haben, wenn man so guckt, also ich in meiner Kindheit, wir waren einfach überwiegend draußen und haben draußen gespielt. Da gab es diese ganzen Dinge nicht, da kam gerade so der Gameboy raus und das war schon was, wo man, das hatten ganz wenige. Und jetzt ist es einfach so, dass das zum Leben dazugehört.
Ganz verbieten wird man das nicht können. Das macht auch keinen Sinn, denn man kommt nicht drumherum. Überall gibt es diese Dinge.
Aber man muss versuchen, irgendwie ein gesundes Bewusstsein dafür zu haben, wie viel ist möglich und wie viel ist nicht möglich. Und wenn ein vier-, fünfjähriges Kind schon am Tag drei Stunden vor dem Tablet sitzt, dann ist das einfach zu viel. Dann funktioniert das nicht.
Dr. Renate Turan
Also da beraten Sie dann auch mit in diese Richtung.
Julia Nogli
Das hat ja noch viele andere gute Konsequenzen, wenn man das reduziert. Thema war auch Verstopfung, das Sie vorgeschlagen haben.
Das hätte ich jetzt gar nicht auf dem Schirm gehabt in Bezug auf Kinder. Ist aber, hat eine Dimension.
Dr. Renate Turan
Ja, ist eine riesige Dimension, haben wirklich unglaublich viele Kinder.
Das ist auch ein großer Teil der Patienten, die wir in unserer Hochschulambulanz sehen. Die kommen häufig mit der Fragestellung chronische Bauchschmerzen. Und natürlich hat der Kinderarztambulant nicht die Zeit, sich eine Stunde mit denen hinzusetzen und zu sprechen.
Das geht gar nicht. Also nicht, weil die das nicht möchten, sondern weil es im Praxisalltag einfach nicht so gedacht ist, dass der Kinderarzt fünf Patienten am Tag sieht, sondern der sieht eben im Zweifel 30, 40, 50, wenn Winter ist. Und wir haben dann die Möglichkeit, uns für eine gute Anamnese hinzusetzen.
Und dann arbeitet man solche Sachen raus. Und ganz häufig ist es so, dass die Kinder kaum trinken, dass es dann morgens schon das Toastbrot mit Nutella gibt und mittags gibt es Nudeln und abends gibt es dann wieder irgendwie eine Packung Gummibärchen und irgendwie wieder ein Toastbrot. Und dann hat man einfach kaum Ballaststoffe zu sich genommen und dann kriegen die Kinder Verstopfung.
Und dann ist es so, dass sie beim ersten Stuhlgang, der härter ist, tut ihnen das weh und dann verkneifen sie sich das. Und das ist wirklich was, was so massiv ist. Und wir sagen den Eltern immer, solange wie die Verstopfung besteht, so lange brauchen wir, bis wir sie wieder aufgelöst haben.
Das heißt, die Therapie ist auch lang. Und dann kriegen die häufig, wenn es nicht nur, wenn es nicht reicht, dass wir nur mehr trinken und mehr Ballaststoffe empfehlen. Dann kriegen die spezielle Medikamente, die einfach den Stuhlgang weicher machen.
Das ist kein Abführmittel, also keine Sorge. Das ist nichts, woran man sich eben dann gewöhnt und was den Darm lahmlegt später, sondern einfach. Da sind solche langkettigen Zuckermoleküle drin, die das Wasser binden und damit wird der Stuhlgang weicher.
Aber es ist eine lange Zeit, die das braucht, bis sich das wieder einpegelt. Und dann muss man denen wieder sagen, sie müssen nach jeder großen Mahlzeit zehn Minuten auf die Toilette sitzen. Dass der Reflex, dass man eben was gegessen hat und dann aufs Klo geht, dass das wieder in Gang kommt oder morgens eben auch morgens nach dem Frühstück, mittags Nachmittag essen, abends nach dem Abendessen.
Und das ist einfach belastend, häufig für die gesamte Familie. Also das ist wirklich anstrengend.
Julia Nogli
Ab wann ist denn Verstopfung, wenn da zwei Tage nichts ist oder drei? Kann man das? Vielleicht fällt es ja auch den Eltern erst mal gar nicht so auf.
Dr. Renate Turan
Genau das ist es nämlich. Es gibt keinen. Ab dann ist es die Verstopfung und ab dann ist es ganz super schwierig, denn es gibt Leute, die haben alle zwei Tage Stuhlgang und dann ist das total okay. Aber wenn jemand quasi so, wir sagen dazu Überlaufstuhl, wenn jemand zum Beispiel so viel Verstopfung hat, dass es irgendwo einen richtigen Klumpen gibt, dann können die Kinder im Zweifel auch Durchfall haben.
Und der Durchfall geht quasi um diesen Stuhlklumpen rum und dann haben die den alle zwei, drei Tage. Aber dieser Stuhlklumpen hängt trotzdem da, wo er hängt und verursacht die Probleme und die Bauchschmerzen. Und dann muss man das eben auflösen.
Wir machen dann Ultraschalluntersuchungen und gucken, wie gefüllt ist der Darm, wie breit ist der, weil der leiert ja dann auch aus, wie alles, was man irgendwie füllt und füllt. Und dann betreuen wir auch da die Eltern mit, zusammen mit den ambulanten Kinderärzten. Und das ist oft schwierig, weil die Eltern einem auch leidtun können.
Die sagen, ich kriege im Kindergarten nicht mit, wie viel mein Kind trinkt oder in der Kita. Und das ist einfach, was will man machen? Man kann ja sein Kind nicht zu Hause lassen den ganzen Tag, aber man muss dann versuchen, in der Zeit, wo das Kind zu Hause ist oder in den Wochenenden einfach ein gutes, wie soll man sagen, eine gute Trinkleistung hinzukriegen und die Kinder daran zu führen.
Und auch da wichtig, wir möchten nicht, dass die Kinder den ganzen Tag irgendwie Vollmilch trinken, denn die hat A viel Kalorien und B ist das überhaupt nicht das, was die Verstopfung auflöst, sondern es sollte eben entweder Wasser sein oder ungesüßte Tees, irgendwas, was jetzt nicht auch noch zusätzlich Probleme verursacht.
Julia Nogli
Und natürlich auch keine zuckerhaltigen Sachen.
Dr. Renate Turan
Ja, hundertprozentig. Im Grunde nicht mal die Apfelschorle oder sowas. Nee, also so ganz verdünnter Saft, das sagen wir geht schon auch, wenn die Kinder nichts anderes wollen. Aber also wenn jetzt jemand kommt und sagt, ich würde gerne den ganzen Tag Energydrinks trinken, dann ist das natürlich auch nicht sinnvoll.
Julia Nogli
Also das könnte man vielleicht ja spielerisch mit den Kindern irgendwie so eine kleine Leistung, dass man das an der Flasche sieht oder so.
Dr. Renate Turan
Ja, ja, es gibt verschiedene Möglichkeiten. Man kann Punkte in der Wohnung irgendwo hinkleben und wenn man die dann sieht, dann wird man daran erinnert, dass man was trinkt oder eben Flaschen, die wenn man sie leer kriegt, dass es dann irgendwie eine Belohnung gibt oder dass man was Schönes macht oder so.
Also da gibt es schon viele Möglichkeiten, das irgendwie auszuschöpfen. Aber es ist natürlich Arbeit. Es ist alles mit schon mit Arbeit und mit Kontrolle ein bisschen verbunden, weil man gucken muss, wie viel hat das Kind getrunken?
Und auch wenn wir diese Medikamente geben, die den Stuhlgang weicher machen, die funktionieren auch nur in Kombination mit Flüssigkeit, weil natürlich ohne Flüssigkeit wird der Stuhlgang wieder fest. Das heißt, wir haben so einen Teufelskreis.
Julia Nogli
Wenn Sie mal so zum Schluss mal drei Sachen sagen könnten, die Sie sofort bei der Ernährung am liebsten dann ändern wollen würden, wenn Sie hören, dass es in die falsche Richtung geht, was wären so die drei Sachen, die man doch möglichst gleich am nächsten Tag ändern sollte?
Dr. Renate Turan
Also zuckerhaltige Getränke weglassen. Also wenn jemand nur Energydrinks oder Cola trinkt, das ist natürlich was, was unglaublich viele Kalorien liefert. Also wir haben ungefähr, ich glaube, 46 Kalorien auf 100 Milliliter in der Cola.
Und wenn wir da einen Liter am Tag trinken, ist es im Zweifel schon fast der Tagesbedarf von einem kleineren Kind. Also das, das will man natürlich nicht. Das Zweite ist, dass man die Dinge, die man umstellen kann auf Vollkornprodukte, dass man die eben umstellt, dass man nicht das Weißbrot zum Frühstück isst oder vielleicht nicht die normalen Nudeln, sondern die Vollkorn Nudeln sich holt, weil da eben mehr Ballaststoffe drin sind.
Das wäre das Zweite. Und das Dritte ist, dass man die Süßigkeiten einschränkt. Also häufig sind es dann auch Kinder, die wirklich viel Süßes essen.
Und wenn man sich fragt, was hat man denn an Obst und Gemüse im Kühlschrank? Dann ist das einfach schwierig. Dann geben die manchmal gar nicht wirklich Antwort, weil sie das gar nicht wissen.
Julia Nogli
Die haben da kein Interesse dafür. Das gilt es zu wecken. Wunschvorstellung.
Auch die Schule und die Kita könnten helfen, das Wissen um gesunde Ernährung zu vermitteln. Zusammen kochen, Salat schnippeln. Auf jeden Fall ist es gut, das Thema anzugehen und nicht zu verdrängen.
Wenn ein Kind schon stark übergewichtig ist, wird sich das nicht von alleine wieder regulieren. Wenn Sie mehr über die Hochschulambulanz oder über die Abteilung Pädiatrie, Kinder- und Jugendmedizin in Bernau wissen möchten, schauen Sie hier in der Mediathek auf www.paradiso.de. Stichwort natürlich gesund. Einen wundervollen Abend für Sie mit Radio Paradiso.
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Nahtfreier Aortenklappenersatz mittels minimalinvasiver OP
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herz- und Gefäßchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über den nahtfreien Aortenklappenersatz und die Vorteile dieser Methode.
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Kinderheilkunde und Kinderkardiologie
Infektionskrankheiten, Bronchitis, Asthma, chronische Lungenerkrankungen, Darmerkrankungen - das sind nur Beispiele für das, was in der Abteilung Kinder- und Jugendmedizin behandelt werden kann, auch in gewissem Rahmen Herzerkrankungen. Dr. Barabara Korinth eräutert bei "Natürlich gesund" das Leistungspektrum der Kinder- und Jugendmedizin.
Julia Nogli
Willkommen am Dienstagabend. Sie hören Radio Paradiso mit der Sendung Natürlich gesund. Mein Name ist Julia Nogli.
Wir sprechen heute über Kinderheilkunde und Kinderkardiologie. Expertin ist Dr. Barbara Korinth, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Immanuel Klinikum Bernau. Ich grüße Sie.
Dr. med. Barbara Korinth
Guten Abend, Frau Nogli.
Julia Nogli
Ja, was bietet diese Abteilung dort bei Ihnen? Es klingt ja nach einem recht großen Spektrum.
Dr. med. Barbara Korinth
Groß ist das Spektrum in der Tat. Wir sind in der Tat nur ein klein eine kleine Abteilung. Aber wir haben das gesamte Spektrum der Kinderheilkunde oder Pädiatrie, wie es im Fachjargon heißt, zu bieten, ohne dass wir spezielle Krankheiten bis zum Ende behandeln, zum Beispiel Tumorerkrankungen oder chirurgische Erkrankungen bei sehr kleinen Kindern oder ganz kleinen Neugeborenen.
Julia Nogli
Okay, aber sonst eben sehr viel. Und da bleibt auch noch sehr viel. Welche Erkrankungen, auch chronische, treten denn häufig auf, die dann nun mal eher stationär behandelt werden müssen?
Dr. med. Barbara Korinth
Die Infektionskrankheiten sind in der Kinderheilkunde an erster Stelle. Und es sind in der Tat zunächst Bronchitis, Asthma, was auch als chronische Erkrankung dann in Erscheinung tritt. Es sind die Durchfallerkrankungen durch Virenerreger, Grippe und ja, Corona auch.
Aber das hat in der letzten Zeit nicht so eine Rolle gespielt im Kindesalter. Chronische Erkrankungen sind auch Lungenerkrankungen, zum Beispiel die sogenannte Mukoviszidose, wobei es da mittlerweile Medikamente gibt und die Patienten nicht mehr so oft stationär kommen müssen. Wir behandeln chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Herzerkrankungen in einem gewissen Rahmen und bestimmte Fehlbildungen oder genetische Erkrankungen, die immer wieder vor allen Dingen an Infektionskrankheiten leiden, sind auch bei uns Patienten.
Julia Nogli
Infektionskrankheiten, Bronchitis, Asthma, chronische Lungenerkrankungen, Darmerkrankungen, das sind nur Beispiele für das, was in der Abteilung Kinder- und Jugendmedizin am Immanuel-Klinikum Bernau behandelt werden kann. Auch in gewissem Rahmen Herzerkrankungen. Dazu zur Kinderkardiologie in wenigen Minuten mehr hier in der Sendung Natürlich gesund auf Radio Paradiso.
Bleiben Sie dran. Schönen Abend für Sie, wie immer am Dienstag an dieser Stelle mit Natürlich gesund hier bei Radio Paradiso. Ich bin Julia Nogli und ich spreche heute mit Dr. Barbara Korinth, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Immanuel-Klinikum Bernau. Unser Thema ist denn heute Abend auch die Kinderheilkunde. Wenn es um das Herz geht, heißt das Kardiologie. In diesem Fall Kinderkardiologie.
Im Unterschied zur Kardiologie für Erwachsene, die es ja natürlich auch schon immer gibt. Frau Dr. Korinth, was ist denn da so anders?
Dr. med. Barbara Korinth
Ja, die Kinderkardiologie ist in der Tat ganz anders als die Erwachsenenkardiologie. Unter kinderkardiologischen Patienten haben wir in erster Linie angeborene Herzfehlbildungen. Die Erwachsenenkardiologen haben bis vor wenigen Jahren gar nicht mehr diese Patienten erlebt, weil diese Patienten mit schweren Herzfehlern sind gar nicht bis ins Erwachsenenalter gekommen.
Bei den Erwachsenen sind eher Hochdruck oder Herzinfarkte oder Herzmuskelentzündungen. Die Regel in der Kinderkardiologie sind es eben die angeborenen Herzfehler, die mit ca. 1% aller geborenen Kinder auftreten.
Das ist auch nicht so häufig. Aber es ist eben das Hauptaugenmerk in der Kinderkardiologie.
Julia Nogli
Was sind das für Fehler?
Dr. med. Barbara Korinth
Da gibt es Defekte in den Herzscheidewänden. Da gibt es große Gefäße, die aus dem Herzen abgehen. Aorta hat sicherlich schon mal jeder gehört oder verschiedene andere Arterien, die fehlabgehen, die einfach vertauscht sind.
Da gibt es sogenannte Stenosen oder Atresin. Da sind Klappen einfach verschlossen. D.h. das Blut kann gar nicht aus dem Herzen in die entsprechenden Organe, Lunge oder den Körper gelangen. Das sind alles Sachen, die schnell operiert werden müssen, wo schnell gehandelt werden muss, was alles sich im Neugeborenenalter abspielt.
Julia Nogli
Da werden natürlich die jungen Eltern einen Riesenschreck bekommen, wenn so etwas festgestellt wird. Aber Sie können da ja offenbar helfen. Was kann denn da z.B. dann gemacht werden? Hält das dann ein Leben lang?
Dr. med. Barbara Korinth
Zunächst einmal, es gibt ja pränatal, also vor der Geburt, diese Untersuchungen. Die meisten Herzfehler dieser Art werden in unseren Breiten in Europa vorher schon erkannt. Aber es kommt doch immer wieder mal vor, dass Herzfehler nicht erkannt werden.
Dann ist es wichtig, sie schnell zu erkennen. Dafür sind die entsprechenden Vorsorgeuntersuchungen unmittelbar nach der Geburt notwendig. Wir messen den Blutdruck, wir messen den Sauerstoffwert im Blut.
Wir schauen die Kinder an, hören sie ab. Dann fallen meistens solche Sachen schon ins Gewicht. Dann kann zunächst erst mal die Diagnostik erfolgen.
D.h. wir können in der Regel eine Echokardiografie anbieten. D.h. wir sehen ganz schnell im Ultraschall, um was für einen Herzfehler es sich handelt. Wenn es ein Herzfehler ist, der nicht mit dem Leben vereinbar wäre, muss in Minutenschnelle gehandelt werden.
Da gibt es bestimmte Medikamente, die sozusagen lebensnotwendige Adern offenhalten. Und es muss im Prinzip ganz schnell ein Transport in ein entsprechendes Herzzentrum, welches angeborene Herzfehler operiert, organisiert werden.
Julia Nogli
Und dann kann eben so etwas z.B. verschlossen werden oder so? Ja, wenn da ein Loch ist.
Dr. med. Barbara Korinth
Genau, Löcher können verschlossen werden, Klappen können gesprengt werden. Es können Ersatzhalter in z.B. verengte Gefäße gebracht werden, die erst mal für eine gewisse Zeit helfen, bis das Kind größer geworden ist und auch eine Operation besser verträgt.
Julia Nogli
Da hat sich also insgesamt viel getan. Und man kann in verschiedensten Fällen sehr gut helfen. Wie belastbar ein Kind nach einem Eingriff am Herzen oder den umliegenden Gefäßen ist, dazu gleich mehr hier in natürlich gesund auf Radio Paradiso.
Und mehr Infos über Frau Dr. Barbara Korinth, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Immanuel-Klinikum Bernau, auch hier auf paradiso.de nachzulesen in der Mediathek unter natürlich gesund. Sie gehen durch den Abend mit Radio Paradiso und der Sendung natürlich gesund. Mein Name ist Julia Nogli, unser Thema heute Kinderheilkunde und Kinderkardiologie.
Expertin ist Dr. Barbara Korinth, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Immanuel-Klinikum Bernau. Die Abteilung wurde schon mehrfach als ausgezeichnet für Kinder zertifiziert. Kinderkardiologie war eben schon unser Thema.
Sie sagten gerade, dass wenn schon im sehr frühen Alter oder sogar pränatal eine kleine Operation am Herzen durchgeführt wurde, später nochmal geguckt wird oder auch nochmal ein Eingriff durchgeführt werden muss, denn das Kind wächst ja und die Bedingungen verändern sich auch.
Dr. med. Barbara Korinth
Vielfach ist es so, dass wenn man Ersatzstücke, Ersatzklappen oder Ersatzgefäße einpflanzt, die Kinder ja wachsen und die müssen sozusagen nachoperiert werden. Mittlerweile gibt es in der Kinderkardiologie viele Methoden, die sozusagen interventionell, also ohne offene Operation, im Vorfeld durchgeführt werden können, um sozusagen Zeit bis zur notwendigen OP gewinnen zu können.
Julia Nogli
Das ist ja sehr interessant, was Sie vorhin sagten, dass es also jetzt aktuell ältere Menschen damit gar nicht geben wird, weil damals noch nicht so geholfen werden konnte. Ist das dann immer eine recht gute Prognose, wenn so eine Sache da auftritt, dass Sie das machen können und diese Kinder auch ein recht normales Leben dann führen können?
Dr. med. Barbara Korinth
Es ist eher andersrum. Jetzt wachsen diese Kinder länger, weil man bessere Methoden hat, damit die das Erwachsenenalter überhaupt erreichen. Das heißt, früher haben diese Kinder gar nicht das Erwachsenenalter erreicht, sodass der Kardiologe, der Erwachsenenkardiologe damit gar nicht konfrontiert wurde.
Jetzt ist es so, dass diese Kinder, die das Erwachsenenalter erreichen, immer mehr und es ist auch notwendig, dass sich das Bild der Erwachsenenkardiologen ändern muss, damit die von diesen Herzfehlern besser Bescheid wissen. Also die Behandlungen und die Nachbetreuung übernehmen können.
Julia Nogli
Und wenn jetzt ein Neugeborenes operiert werden muss, kann es dann ein normales Grundschulkind werden, was auch Sport machen kann und so? Oder ist es jetzt ganz individuell verschieden, je nachdem, was da war?
Dr. med. Barbara Korinth
Das ist individuell verschieden, je nachdem, welcher Herzfehler vorliegt. Aber mittlerweile ist man so weit, dass ganz viele Kinder gesund aufwachsen können und nahezu normal leben können, auch was den Sport betrifft. Sicherlich wird man keinem herzoperierten Kind in jedem Fall einen Leistungssport empfehlen.
Aber die Kinder sollen natürlich sich bewegen und so ist auch die Empfehlung heutzutage ausgerichtet. Man sagt eigentlich, alles, was das normal geartete Kind selber machen möchte und kann, soll es machen. Es gibt natürlich ein paar Ausnahmen, das sind besonders ehrgeizig Kinder, besonders ehrgeizige Eltern wiederum.
Da muss man manchmal ein bisschen bremsen, aber das ist nicht die Regel.
Julia Nogli
Okay, nun sind Sie selber ja auch schon seit Jahrzehnten in diesem Beruf, haben viel Erfahrung damit. Freut Sie das, dass Sie da solche positiven Entwicklungen, die werden Sie ja selber miterlebt haben schon, dass es immer besser wird, diese Versorgung?
Dr. med. Barbara Korinth
Unbedingt, das freut einen natürlich ganz klar. Ich habe noch Zeiten erlebt, wo Kinder mit 3, 4, 5 Kilo Körpergewicht nicht operiert werden konnten, weil es so kleine Herz-Jungen-Maschinen gar nicht gab, mit solchen kleinen Volumina. Diese Kinder sind konservativ behandelt worden, das heißt, die sind ausgeschwemmt worden, sind herzkräftigende Medikamente gegeben worden und irgendwann war aber kein Wachstum mehr möglich und die Kinder sind in der Tat verstorben.
Das ist natürlich ein enormer Fortschritt und da hat sich in den letzten 30 Jahren also unglaublich viel getan.
Julia Nogli
Freut sich Dr. Barbara Korinth, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Emanuel-Klinikum Bernau. Gleich mehr von der Kinderheilkunde dort und allgemein hier in natürlich gesund auf Radio Paradiso. Kinderheilkunde und Kinderkardiologie, unsere Themen heute hier bei Radio Paradiso in der Sendung natürlich gesund.
Ich bin Julia Nogli und spreche darüber mit einer Ärztin, die jahrzehntelang Erfahrung damit hat. Dr. Barbara Korinth, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Emanuel-Klinikum Bernau. Jetzt noch mal eine ganz andere Frage.
Die Corona-Zeit, die leidige so lange nun schon. Wie ist denn das in Ihrer Abteilung alles so gewesen? Sie müssen ja natürlich auch die Eltern mit einbinden und Besuch erlauben können und so weiter.
War das sehr schwierig oder hat sich jetzt und hat sich jetzt alles wieder normalisiert, was dieses Thema angeht?
Dr. med. Barbara Korinth
Also Kinder dürfen generell einen Elternteil mitbringen. Und das ist schon mal ein Vorteil. Das heißt, diese Eltern wurden mit aufgenommen und wurden entsprechend getestet und alle vier Tage, wenn sie so lange lagen, wieder getestet, sodass wir sehr sicher waren.
Die Eltern haben selbstverständlich auch den Mundschutz aufgesetzt, wie wir auch. Insofern hatten wir da keine Probleme. Mit Geschwisterbesuchen war es ein bisschen problematischer.
Da sind wir mittlerweile so, dass ab 16 Jahre die Kinder, die auch schon Masken tragen können und sollen schon zu Besuch kommen können. Bei den Corona-Kindern selber, das kommt ab und zu vor, dass wir ein Kind haben mit einem Infekt der oberen Luftwege und dann kommt im Test ein positiver Befund raus. Das ist aber eher die Seltenheit.
Julia Nogli
Und damit umzugehen wurde ja nun auch schon Routine vermutlich.
Dr. med. Barbara Korinth
Das haben wir geübt, genau.
Julia Nogli
Okay, eine letzte Frage auch noch mal allgemein. Nun sehen Sie ja auch Kinder und Jugendliche auf der Straße. Was denken Sie, ist das größte gesundheitliche Problem?
Also allgemein ist es Übergewicht, zu wenig Bewegung. Was beobachten Sie und wo würden Sie sich wünschen, wenn Sie zaubern könnten, wie Kindergesundheit verbessert werden könnte?
Dr. med. Barbara Korinth
Ja, Sie haben es schon angesprochen. Das ist die Adipositas. Die dickleibigen Kinder nehmen immer mehr zu.
Und was wir jetzt als Herzspezialisten als Folge auch sehen, ein hoher Blutdruck, was früher nur die Erwachsenen und Alten gezeigt haben, zeigen jetzt teilweise schon adipöse Kinder, dicke Kinder. Dazu kommt, dass sie sich wenig bewegen. Dazu kam Corona.
Dazu kommen die Handys und Computer, die alle sozusagen eine Summation, eine negative Summation machen, um diesen Effekt zu stärken. Was ganz wichtig wäre, dass man sozusagen vorbeugend tätig wird, das heißt, dass man mehr gesunde Ernährung in die Lehrpläne aufnimmt, dass man nicht nur eine Stunde Sport in der Woche in der Schule und in den Kitas anbietet, dass diesbezüglich mehr getan wird. Die Eltern an sich haben wir einfach die Erfahrung gemacht, das ist sehr mühevoll, seine Kinder vom Computer wegzuhalten.
Noch dazu, wenn man berufstätig ist, dass man die Kinder beaufsichtigt, die Kinder animiert. Aber es ist natürlich immer auch eine Vorbildfunktion der Eltern dabei.
Julia Nogli
Ein Appell an die Gesellschaft von Dr. Barbara Korinth, Chefärztin für Kinder- und Jugendmedizin am Immanuel Klinikum Bernau. Adipositas, also Übergewicht im Kindes- und Jugendalter unbedingt vermeiden oder gegenzusteuern. Auch sich Hilfe zu suchen, wenn sich das abzeichnet.
Denn wir haben es gehört, es entstehen sonst möglicherweise chronische Erkrankungen. Und das ist von den Fachärzten auch schon zu beobachten. Soweit natürlich gesund für heute.
Bleiben Sie gesund und haben Sie einen entspannten Abend mit Radio Paradiso
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Mediziner, Wissenschaftler, Mensch
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herz- und Gefäßchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über seine Berufung als Herzmediziner.
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Wundmanagement
Dr. med. Ralf-Uwe Kühnel, Oberarzt der Abteilung für Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über das moderne Wundmanagement.
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Wunden im Alltag behandeln
Dr. med. Ralf-Uwe Kühnel, Oberarzt der Abteilung für Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über die Behandlung von Wunden im Alltag.
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Chronische Wunden
Dr. med. Ralf-Uwe Kühnel, Oberarzt der Abteilung für Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über chronische Wunden und deren Versorgung.
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Wundheilung therapeutisch anregen
Dr. med. Ralf-Uwe Kühnel, Oberarzt der Abteilung für Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über neue Methoden zur Versorgung von Wunden, die schlecht heilen.
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Funktion und Erkrankungen der Hauptschlagader
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über Funktion und Erkrankungen der Hauptschlagader.
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Behandlung von Aussackungen der Hauptschlagader
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über die Behandlung von Aussackungen der Hauptschlagader.
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Erkrankungen der absteigenden Hauptschlagader
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über Aussackungen an der absteigenden Hauptschlagader.
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Grenzen der Herzchirurgie
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über Grenzen der Herzchirurgie.
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Anstieg von Herz-Kreislauferkrankungen
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über den Anstieg von Herz-Kreislauferkrankungen.
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Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über die langfristige Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen.
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Herzschwäche
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über Herzschwäche.
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Behandlung von Herzschwäche
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über die Behandlung Herzschwäche.
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Herzklappenersatz
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über Innovationen bei Herzklappeneingriffen.
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Grundregeln der Herzvorsorge
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über Ursachen und Prävention von Herzkrankheiten.
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Schnelle Hilfe bei kardiologischen Notfällen
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über Defilibratoren und Hilfeleistung durch Laien.
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Erste Hilfe anwenden
Univ.-Prof. Dr. Johannes Albes, Chefarzt der Herzchirurgie am Immanuel Klinikum Bernau Herzzentrum Brandenburg, über die erste Hilfe.